Richtlinie des BMF vom 15.12.2020, 2020-0.804.786

30 STEUERSCHULDNER (§ 83 EStG 1988)

1213Der Arbeitnehmer schuldet die Lohnsteuer. Die Abgabenbehörden können den Arbeitnehmer für die von ihm geschuldete Lohnsteuer nur dann unmittelbar in Anspruch nehmen, wenn einer der Tatbestände des § 83 Abs. 2 EStG 1988 oder der Tatbestand nach § 83 Abs. 3 EStG 1988 vorliegt. In allen anderen Fällen muss die nicht oder zu wenig abgeführte Lohnsteuer beim Arbeitgeber (meist im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung) nachgefordert werden. Die vom Regelfall abweichende, durch § 83 Abs. 2 EStG 1988 vorgesehene Beschränkung der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers als Steuerschuldner für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer wirkt sich nur im Lohnsteuerverfahren aus, nicht aber auch im Verfahren zur Veranlagung zur Einkommensteuer (Nachholwirkung der Veranlagung). Fehler bei der Berechnung der laufenden Lohnsteuer sind daher im Falle einer Veranlagung in jedem Fall zu korrigieren (vgl. VwGH 15.06.1988, 86/13/0178). Liegen die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nicht vor und ergibt sich im Zuge einer beantragten Veranlagung eine Nachforderung auf Grund einer Fehlberechnung durch den Arbeitgeber, besteht die Möglichkeit, im Rechtsmittelweg den Antrag wieder zurückzuziehen.

1214Jene Lohnsteuer, für die der Arbeitnehmer gemäß § 83 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 unmittelbar in Anspruch genommen werden kann, darf beim Arbeitgeber grundsätzlich nicht nachgefordert werden. Veranlagungstatbestände nach § 83 Abs. 2 Z 1 und 4 EStG 1988 entbinden jedoch den Arbeitgeber nicht von der Haftung nach § 82 EStG 1988.

1215Der Arbeitnehmer darf in der Regel nur von der Abgabenbehörde in Anspruch genommen werden. Liegen die Voraussetzungen des § 77 Abs. 3 EStG 1988 für eine Aufrollung vor, so hat der Arbeitgeber im Falle der Streichung eines Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrages sowie bei Wegfall oder Reduzierung eines in einem Freibetragsbescheid (Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber) ausgewiesenen Freibetrags die Lohnsteuer von den laufenden Bezügen auch für vergangene Lohnzahlungszeiträume innerhalb des laufenden Jahres neu zu berechnen und somit auch zu berichtigen.

1216Der Arbeitnehmer wird unmittelbar in Anspruch genommen, wenn

  • die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen (Pflichtveranlagung),

  • ein Arbeitgeber ohne inländische Betriebsstätte den Lohnsteuerabzug nicht vorschriftsmäßig berechnet und vorgenommen hat ( § 47 Abs. 1 lit. b EStG 1988),

  • die Voraussetzungen für eine Nachversteuerung gemäß § 18 Abs. 4 EStG 1988 vorliegen,

  • eine Veranlagung auf Antrag (§ 41 Abs. 2 EStG 1988) durchgeführt wird,

  • eine ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 PKG die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (§ 47 Abs. 1 EStG 1988) nicht erhoben hat.

1216aDer Arbeitnehmer kann nach § 83 Abs. 3 EStG 1988 unmittelbar vom Finanzamt in Anspruch genommen werden, wenn er vorsätzlich mit dem Arbeitgeber zusammenwirkt und an der Verkürzung der Lohnsteuer mitwirkt. In Betrugsfällen kann daher - wenn die Haftung beim Arbeitgeber (zB wegen Insolvenz) ins Leere geht - der Arbeitnehmer direkt zur Lohnsteuerzahlung herangezogen werden. Die unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitnehmers liegt jedoch im Ermessen der Abgabenbehörde, sodass primär der Arbeitgeber im Haftungswege und nur subsidiär der Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen ist.

1217Die unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitnehmers ist grundsätzlich sowohl für die Lohnsteuer von den laufenden Bezügen als auch für die Lohnsteuer von den sonstigen Bezügen möglich.

1218Eine Nachforderung beim Arbeitnehmer ist in allen Fällen, bei denen die Voraussetzungen für eine Veranlagung nach § 41 EStG 1988 vorliegen, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer vorzunehmen. Steht ein Betrag nicht in dem in einem Freibetragsbescheid (§ 63 EStG 1988) ausgewiesenen Umfang zu, so kommt es bei der Durchführung einer Veranlagung zu einer entsprechenden Nachforderung bzw. verminderten Gutschrift. Im Falle der rückwirkenden Streichung des Alleinverdiener-(Alleinerzieher-)Absetzbetrages und der damit verbundenen Minderung der Höchstbeträge bei den Sonderausgaben besteht gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ein Pflichtveranlagungstatbestand, der zu einer Nachversteuerung führt.

1219Eine Nachforderung im Bereich der Nachversteuerungstatbestände des § 83 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 (Sonderausgabennachversteuerung) ist jedenfalls unabhängig von der Durchführung einer (Arbeitnehmer-)Veranlagung vorzunehmen. Der Nachforderungsbescheid ist ein Abgabenbescheid im Sinne des § 198 BAO. Wirken der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vorsätzlich zusammen, um sich einen gesetzeswidrigen Vorteil zu verschaffen, der eine Verkürzung der vorschriftsmäßig zu berechnenden und abzuführenden Lohnsteuer bewirkt ( § 83 Abs. 3 EStG 1988), liegt ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 vor.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
15.12.2020
Betroffene Normen:
§ 83 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 Abs. 2 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 Abs. 2 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Steuerschuldner - Arbeitnehmer als Steuerschuldner - Zurückziehung - Zurückziehung eines Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung - Veranlagungsverfahren
Stammfassung:
07 2501/4-IV/7/01

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAA-76457