Richtlinie des BMF vom 07.05.2018, BMF-010203/0171-IV/6/2018
8 Rückstellungen (§§ 9 und 14 EStG 1988)
8.5 Vorsorge für Abfertigungen
8.5.2 Bildung und Fortführung der Rückstellung
8.5.2.5 Steuerliche Behandlung der Abfertigungsrückstellung ab 2002

8.5.2.5.2 Weiterführung der Abfertigungsrückstellung

3351bEine Weiterführung der Abfertigungsrückstellung und deren weiterer Aufbau gemäß den steuerrechtlichen Bestimmungen ist für jene Arbeitnehmer möglich, deren Arbeitsverhältnis laut Arbeitsvertrag vor dem 1. Jänner 2003 begonnen hat und deren Ansprüche nicht an eine betriebliche Mitarbeitervorsorgekasse oder ein Versicherungsunternehmen (Rz 3369a) übertragen wurden. Wird die Abfertigungsrückstellung weitergeführt, sind die entstehenden Abfertigungsansprüche weiterhin sofort steuerlich absetzbar. Auflösungsgewinne, die sich aus der erstmaligen Anwendung des § 14 Abs. 1 EStG 1988 ergeben sind, soweit der Satz 47,5% beträgt, im Wirtschaftsjahr 2002 anzusetzen. Soweit der Satz 45% beträgt, sind sie im Wirtschaftsjahr 2003 anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn im Kalenderjahr 2002 zwei Wirtschaftsjahre enden und daher der Satz von 45% für das "zweitendende" Wirtschaftsjahr zur Anwendung kommt.

Beispiel:

Der Arbeitgeber beschäftigt ausschließlich Arbeitnehmer, die noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, deren Arbeitsverhältnis gemäß Arbeitsvertrag vor dem 1.1.2003 begonnen hat und für die bereits eine Abfertigungsrückstellung dotiert worden ist.

a)


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Abfertigungsanspruch
Abfertigungsrückstellung
Ausmaß
31.12.2001
15.000,00
7.500,00
50,00%
31.12.2002
15.500,00
7.362,50
47,50%
Auflösungsbetrag Wirtschaftsjahr 2002
137,50

Der Auflösungsbetrag von 137,50 erhöht den steuerpflichtigen Gewinn des Wirtschaftsjahres 2002.

b)


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Abfertigungsanspruch
Abfertigungsrückstellung
Ausmaß
31.12.2001
15.000,00
7.500,00
50,00%
31.12.2002
18.000,00
8.550,00
47,50%
Zuführungsbetrag Wirtschaftsjahr 2002
1.050,00

Die steuerwirksame Zuführung beträgt im Wirtschaftsjahr 2002 1.050. (Nach alter Rechtslage hätten 1.500 steuerwirksam zugeführt werden können.)

c) Im Kalenderjahr 2002 erfolgt die Umstellung des Bilanzstichtages vom 31.5. auf den 31.12.


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Abfertigungsanspruch
Abfertigungsrückstellung
Ausmaß
31.5.2001
15.000,00
7.500,00
50,00%
31.5.2002
15.500,00
7.362,50
47,50%
31.12.2002
15.800,00
7.110,00
45,00%
Auflösungsbetrag erstes Wirtschaftsjahr 2002
137,50
Auflösungsbetrag zweites (Rumpf-) Wirtschaftsjahr 2002
252,50

Der Auflösungsbetrag des ersten Wirtschaftsjahres 2002 (137,50) erhöht den steuerpflichtigen Gewinn des ersten Wirtschaftsjahres 2002. Der Auflösungsbetrag des Rumpfwirtschaftsjahres 1.6.2002 bis 31.12.2002 (252,50) erhöht hingegen den steuerpflichtigen Gewinn des Wirtschaftsjahres 2003.

8.5.2.5.3 "Einfrieren" der Abfertigungsrückstellung

3351cEntscheiden sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in einer schriftlichen Vereinbarung gemäß § 47 Abs. 1 BMVG ab einem bestimmten Stichtag für die weitere Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Anwendung des BMVG, verbleibt die Abfertigungsverpflichtung für Zeiträume bis zum vereinbarten Stichtag beim Arbeitgeber, während für Zeiträume nach dem vereinbarten Stichtag Beitragsleistungen an die Mitarbeitervorsorgekasse erfolgen. In diesem Fall ist die Abfertigungsrückstellung hinsichtlich der beim Arbeitgeber verbleibenden Abfertigungsverpflichtung ab dem Stichtag "einzufrieren". Ab diesem Zeitpunkt kann es nicht mehr zu einer Erhöhung der Abfertigungsansprüche aus dem Titel "Dauer des Dienstverhältnisses" kommen. Die Rückstellung kann nur mehr insoweit anwachsen, als es bei den davon umfassten Mitarbeitern zu Gehaltssteigerungen bzw. wegen Vollendung des 50. Lebensjahres zu einer Erhöhung des Ausmaßes kommt (60% statt 47,5% / 45%).

Beispiel:

Der Arbeitgeber beschäftigt vier Arbeitnehmer, die noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, deren Arbeitsverhältnis gemäß Arbeitsvertrag vor dem 1.1.2003 begonnen hat und für die bereits eine Abfertigungsrückstellung dotiert worden ist. Für zwei Arbeitnehmer werden im Jahr 2003 die Ansprüche (400) zur Gänze an eine betriebliche Mitarbeitervorsorgekasse (MVK) übertragen. Für die beiden verbleibenden Arbeitnehmer werden die Abfertigungsansprüche zum 1.1.2003 "eingefroren". Beide haben im Jahr 2003 eine Gehaltserhöhung von 10% erhalten und das 25. volle Dienstjahr erreicht. Damit würden sie nach alter Rechtslage jeweils einen Abfertigungsanspruch von 12 Monatsentgelten haben.


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Abfertigungsanspruch
Abfertigungsrückstellung
Ausmaß
31.12.2002
1.000,00
475,00
47,50%
Übertrag MVK
400,00
190,00
47,50%
31.12.2003 vor Neubewertung
600,00
285,00
47,50%
31.12.2003 vorläufig nach Neubewertung
600,00
270,00
45,00%
steuerwirksamer Auflösungsbetrag 2003
15,00
Neudotierung 2003*
60,00
27,00
45,00%
31.12.2003
660,00
297,00
45,00%

* Da der Abfertigungsanspruch nach den Regelungen des BMVG nicht mehr auf 12 Monatsentgelte ansteigt, kann sich aus diesem Titel auch keine Erhöhung der Rückstellung ergeben. Die Dotierung umfasst lediglich die Gehaltserhöhungen.

8.5.2.5.4 Übertragung der Abfertigungsrückstellung an eine Mitarbeitervorsorgekasse

3351dWird eine Abfertigungsverpflichtung an eine MV-Kasse übertragen ohne dass die Abfertigungsrückstellung steuerfrei aufgelöst wird, ist aus Anlass der Übertragung der Abfertigungsverpflichtung die Abfertigungsrückstellung steuerwirksam aufzulösen. Übersteigt der an die MV-Kasse zu leistende Übertragungsbetrag den Auflösungsbetrag der Rückstellung, ist der Verpflichtungsüberhang (Bilanzierer) gleichmäßig auf fünf Jahre als Betriebsausgabe zu verteilen. Dies gilt auch für Einnahmen-Ausgaben-Rechner, und zwar ungeachtet des Zeitpunktes der tatsächlichen Zahlung(en). Im Fall einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe (Liquidation) sind noch nicht abgesetzte Fünftelbeträge im Veräußerungs- oder Aufgabejahr in einem Betrag abzusetzen. Im Fall von Betriebsübertragungen mit Buchwertfortführung (unentgeltliche Übertragung, Umgründungen) setzt der Rechtsnachfolger die Fünftelabsetzung fort. Sollte der Übertragungsbetrag geringer sein, als die aufgelöste Rückstellung, ist der Differenzbetrag im Übertragungsjahr gewinnerhöhend anzusetzen.

Verpflichtet sich der Arbeitgeber freiwillig, neben der vollen Übertragung der Abfertigungsverpflichtung im Fall einer späteren Kündigung des Arbeitnehmers eine Abfertigungszahlung an den Arbeitnehmer oder eine Nachschusszahlung an die Mitarbeitervorsorgekasse zu leisten, so kann dafür im Hinblick auf die Freiwilligkeit dieser Verpflichtung keine Abfertigungsrückstellung gebildet werden. Eine Rückstellung wäre allerdings dann zu bilden, wenn sich eine derartige Verpflichtung aus einer gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Regelung ergibt.

Eine Fünftelung des Unterschiedsbetrages zwischen der aufgelösten Rückstellung und dem Übertragungsbetrag unterbleibt insoweit, als der Übertragungsbetrag das Ausmaß des gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruches übersteigt.

8.5.3 entfällt

Randzahlen 3352 bis 3362: derzeit frei


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
07.05.2018
Betroffene Normen:
§ 14 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 69 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 47 Abs. 1 BMSVG, Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, BGBl. I Nr. 100/2002
Schlagworte:
Verringerung - Tilgung - Übernehmer.
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448