Richtlinie des BMF vom 05.06.2013, BMF-010203/0252-VI/6/2013
4 Gewinnermittlung - Allgemeine Vorschriften (§§ 4 und 5 EStG 1988)
4.4 Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG 1988)
4.4.3 Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung

4.4.3.2 Einzelfälle

Anschaffung oder Herstellung

665Aufwendungen zur Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren und nichtabnutzbaren Anlagegütern dürfen nicht im Zeitpunkt der Bezahlung als Betriebsausgaben abgesetzt werden (VwGH 16.6.1987, 86/14/0190). Sie sind im Anlagenverzeichnis zu erfassen und bei Abnutzbarkeit im Wege der AfA abzusetzen. Bei Nichtabnutzbarkeit stellen sie bloß einen "Merkwert" für ein späteres Ausscheiden dar. Für die Geltendmachung der AfA sind die Formvorschriften des § 7 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Anzahlungen

666Erhaltene Anzahlungen sind Betriebseinnahmen, gegebene Anzahlungen sind (außer sie betreffen Anlagevermögen) Betriebsausgaben (VwGH 31.3.1992, 92/14/0025), ebenso werden Vorschüsse und à conto-Zahlungen behandelt.

Auflösung steuerfreier Beträge

667Die Auflösung steuerfreier Beträge (§§ 12 Abs. 7 und 14 Abs. 6 EStG 1988) erhöht den Gewinn.

Betriebserwerb gegen Renten

668Kommt es nach Betriebserwerb gegen Renten zum vorzeitigen Wegfall der Rentenschuld infolge Todes des Rentenberechtigten, sind die auf das Anlagevermögen entfallenden anteiligen Rentenverbindlichkeiten zur Herstellung der Totalgewinngleichheit als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen.

Darlehen

669Weder die Hingabe noch der Empfang noch die Rückzahlung eines Gelddarlehens führen beim Darlehensnehmer bzw. Darlehensgeber zu Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben (VwGH 22.4.1998, 95/13/0148). Zinsen hiefür sind hingegen Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben. Der Verlust eines betriebsbedingt gewährten Darlehens ist Betriebsausgabe (VwGH 15.2.1984, 83/13/0150). Der Erlass eines aus betrieblichen Gründen aufgenommenen Darlehens führt trotz mangelndem Geldzufluss zu einer Betriebseinnahme.

Geringwertige Wirtschaftsgüter

670Bei der Anschaffung und Herstellung von geringwertigen Wirtschaftsgütern kommt es auf die Verausgabung an (Rz 3896).

Kursgewinne/Konvertierung

671Kursgewinne bei Geschäften in ausländischer Währung wirken sich beim Zahlungsvorgang (Tilgung) in Form einer höheren Einnahme/geringeren Ausgabe aus.

Bei Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens kommt es sowohl bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als auch bei Bilanzierung in folgenden Fällen zu einer Gewinnverwirklichung:

  • Bei Konvertierung von einer Fremdwährung in Euro oder in eine über fixe Wechselkurse zum Euro gebundene Währung im Konvertierungszeitpunkt,

  • bei nachfolgender Tilgung des Fremdwährungsdarlehens im Zeitpunkt und Ausmaß der Tilgung.

Die Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens in ein anderes wechselkurslabiles Fremdwährungsdarlehen stellt keinen Tausch dar; erst die Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens in ein Euro-Darlehen oder in ein wechselkursstabiles Fremdwährungsdarlehen stellt einen steuerrelevanten Tausch dar (VwGH 15.01.2008, 2006/15/0116; VwGH 27.08.2008, 2008/15/0127).

Beispiel 1 (Kursgewinn):

Im Jahr 1 erfolgt die Aufnahme einer Fremdwährungsschuld in Höhe von 100.000 US-Dollar (Wechselkurs US-Dollar/Euro: 1,20).

Im Jahr 3 wird von US-Dollar in Schweizer Franken konvertiert. Bis zur Konvertierung erfolgten keine Tilgungen, (Zinsen werden vernachlässigt). Der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Konvertierung: US-Dollar/Euro: 1,30; Schweizer Franken/Euro: 1,45.

Im Jahr 5 erfolgt eine Tilgung von SFR 30.000. Wechselkurs zum Zeitpunkt der Tilgung: Schweizer Franken/Euro: 1,50.

Im Jahr 6 erfolgt eine Konvertierung der Fremdwährungsschuld in Euro.

Wechselkurs zum Zeitpunkt der Konvertierung: Schweizer Franken/Euro: 1,60.


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Jahr 1:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Aufnahme US-Dollar-Schuld 100.000 zum Kurs von 1,20
83.333
83.333
Jahr 3:
Konvertierung in Schweizer Franken: Tilgung der US-Dollar-Schuld 100.000 zum Kurs von 1,30
76.923
Konvertierungsgewinn (nicht steuerpflichtig)
6.410
Aufnahme Schweizer Franken-Schuld zum Kurs von 1,45 (entspricht der US-Dollar-Schuld von 100.000)
SFR
Steuerlicher Buchwert in Euro
111.538
83.333
Jahr 5:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Tilgung der SFR-Schuld in Höhe von SFR 30.000 = 26,9% der gesamten Schuld von SFR 111.538
60.917
SFR 30.000 zum Wechselkurs von 1,50 =
20.000
26,9% der im Jahr 1 aufgenommenen Fremdwährungsschuld in Euro
22.416
steuerpflichtiger Konvertierungsgewinn im Zeitpunkt und Ausmaß der Tilgung im Jahr 5:
2.416
Jahr 6:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Konvertierung in Euro: Tilgung der Schweizer Franken-Schuld 81.538 zum Kurs von 1,60
50.961
60.917
Steuerpflichtiger Konvertierungsgewinn gegenüber der verbliebenen Restschuld in Euro (Euro 60.917)
Euro
9.956

Beispiel 2 (Kursverlust)

Angaben wie Beispiel 1, im Jahr 6 erfolgt allerdings die Konvertierung der Fremdwährungsschuld in Euro zum Wechselkurs: Schweizer Franken/Euro = 1,30 : 1.


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Jahr 1:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Aufnahme US-Dollar-Schuld 100.000 zum Kurs von 1,20
83.333
83.333
Jahr 3:
Konvertierung in Schweizer Franken: Tilgung der US-Dollar-Schuld 100.000 zum Kurs von 1,30
76.923
Konvertierungsgewinn (nicht steuerpflichtig)
6.410
Aufnahme Schweizer Franken-Schuld zum Kurs von 1,45 (entspricht der US-Dollar-Schuld von 100.000)
SFR
Steuerlicher Buchwert in Euro
111.538
83.333
Jahr 5:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Tilgung der SFR-Schuld in Höhe von SFR 30.000 = 26,9% der gesamten Schuld von SFR 111.538
60.917
SFR 30.000 zum Wechselkurs von 1,50 =
20.000
26,9% der im Jahr 1 aufgenommenen Fremdwährungsschuld in Euro
22.416
Steuerpflichtiger Konvertierungsgewinn im Zeitpunkt und Ausmaß der Tilgung im Jahr 5:
2.416
Jahr 6:
Euro
Steuerlicher Buchwert in Euro
Konvertierung in Euro: Tilgung der Schweizer Franken-Schuld 81.538 zum Kurs von 1,30
62.722
60.917
Steuerwirksamer Konvertierungsverlust
1.805

Tausch, Wirtschaftsgüter des Umlauvermögens

672Werden Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens getauscht, kommt es zu einer Gewinnrealisierung. Der Betriebseinnahme in Höhe des gemeinen Wertes des hingegebenen Wirtschaftsgutes steht eine Betriebsausgabe in gleicher Höhe gegenüber.

Umlaufvermögen

673Für den Bereich des Umlaufvermögens gilt allgemein § 19 EStG 1988; es besteht somit weder eine Aktivierungspflicht noch ein Aktivierungswahlrecht.

Veräußerung von Anlagegütern

674Wird ein Anlagegut veräußert, so ist der Veräußerungserlös als Betriebseinnahme zu erfassen und der Restbuchwert nach Abzug der AfA für das Jahr der Veräußerung als Betriebsausgabe abzusetzen. Zur Vorgangsweise bei der Erfassung stiller Reserven aus der Veräußerung von Anlagegütern, wenn der Veräußerungspreis erst in einem späteren Jahr oder ratenweise vereinnahmt wird, siehe Rz 3888.

Veräußerung (Aufgabe) des Betriebes

675Im Veräußerungs(Aufgabe)zeitpunkt erfolgt ein Übergang zum Betriebsvermögensvergleich mit Ermittlung eines Übergangsgewinnes(verlustes); siehe Rz 5664 ff und 695 ff. Bei der Veräußerung (Aufgabe) des Betriebes entsteht der Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt der Veräußerung (Aufgabe) und nicht im Zeitpunkt des Zufließens des Veräußerungserlöses (siehe Rz 5669 ff).

Vorauszahlungen

676Werden Vorauszahlungen gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1988 bzw. § 19 Abs. 3 EStG 1988 geleistet und betreffen sie nicht nur das laufende und das folgende Jahr, so sind sie auf den Vorauszahlungszeitraum verteilt abzusetzen. Auf empfangene Vorauszahlungen sind diese Ausführungen nicht anwendbar.

Warendiebstahl, Verderb von Waren

677Warendiebstahl und Verderb von Waren, sowie der Ausfall von Warenforderungen sind steuerlich unbeachtlich. Geldverluste führen zu Betriebsausgaben bei klarer Trennung von betrieblichen und privaten Geldzugängen (VwGH 28. 6. 1988, 87/14/0118).

Warenschulden, sonstige Schulden

678Warenschulden und sonstige Schulden aus rückständigen Betriebsausgaben sind im Augenblick der Bezahlung Betriebsausgaben. Dabei ist es unerheblich, ob sie mit Eigen- oder Fremdmitteln getätigt werden, denn die Bezahlung der Warenschuld führt zu Betriebsausgaben und nicht erst die spätere Rückzahlung des Geldkredites. Wird eine Warenschuld oder eine sonstige Verbindlichkeit für rückständige Betriebsausgaben aus betrieblichen Gründen erlassen, dann führt dieser Vorgang zu keiner Betriebseinnahme, da bisher noch keine Betriebsausgabe geltend gemacht wurde. Zur Anwendung des § 36 EStG 1988 in diesen Fällen siehe Rz 7269.

Wertsicherungsbeträge

679Wertsicherungsbeträge, die vereinbarungsgemäß dem Kapital zuzuschreiben sind, fließen in diesem Zeitpunkt und nicht erst bei der tatsächlichen Auszahlung zu (VwGH 14.12.1988, 87/13/0030).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.06.2013
Betroffene Normen:
§ 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448