Richtlinie des BMF vom 16.06.2008, BMF-010203/0299-VI/6/2008
5 Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben
5.5 Einzelne Betriebsausgaben

5.5.8 Verteilung bestimmter Vorauszahlungen

5.5.8.1 Allgemeines

1381Vorauszahlungen sind solche Zahlungen, die wirtschaftlich einem späteren Zeitraum als jenem, in welchem der Zahlungszeitpunkt liegt, zuzurechnen sind. Das heißt, dass der Zahlung noch keine Leistung des Empfängers gegenübersteht.

5.5.8.2 Zu verteilende Aufwendungen

1382Die Aufzählung jener Aufwendungen, auf die sich das Verteilungsgebot des § 19 Abs. 3 EStG 1988 erstreckt, ist eine erschöpfende (VwGH 24.10.1995, 95/14/0057). Vorauszahlungen, die in dieser Bestimmung nicht enthalten sind, sind daher idR im Leistungszeitpunkt abzusetzen. Bei diesen Aufwendungen ist nicht die Bezeichnung, sondern die wirtschaftliche Funktion maßgebend (VwGH 12.8.1994, 94/14/0064). Im Einzelnen sind darunter zu verstehen:

Beratungskosten

1383Diese umfassen jegliche Form einer Beratung, wie zB Rechts- und Steuerberatung sowie die technische und wirtschaftliche Beratung.

Bürgschaftskosten

1384Darunter sind durch die Übernahme einer Bürgschaft durch einen Dritten verursachten Kosten zu verstehen. Die anlässlich der Bürgschaft entstehenden sonstigen Aufwendungen (zB Gebühren) sind hingegen sofort abzugsfähig.

Fremdmittelkosten

1385Dies sind alle mit der Aufnahme von Fremdmitteln in Zusammenhang stehenden Kosten (wie insbesondere Zinsen). Bearbeitungs-, Kredit-, Darlehens-, Eintragungsgebühren usw. sind - soweit sie nicht verdeckte Zinsenzahlungen sind - keine zu verteilenden Vorauszahlungen.

Garantiekosten

1386Dies sind die mit Bankgarantien verbundenen Kosten.

Mietkosten

1387Darunter sind Kosten für die entgeltliche Überlassung beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter samt Betriebskosten zu verstehen. Dabei kommt es auf die Bezeichnung "Miete" nicht an, sodass vom Verteilungsgebot bspw. auch Leasing- und Pachtzahlungen, die vom Bestandnehmer geleisteten Betriebskosten sowie Zahlungen für Mietgarantien umfasst sind. Einmalzahlungen für den Erwerb eines Mietrechtes sind jedoch nicht verteilungspflichtig, sondern als Aufwendungen für das Wirtschaftsgut "Mietrecht" im Wege der AfA abzusetzen.

Treuhandkosten

1388Dies sind jene Kosten, die der Treuhänder für seine Tätigkeit (zB Abschluss von Verträgen, Namhaftmachen von Darlehensgebern usw.) verrechnet.

Vermittlungskosten

1389Diese fallen für die Vermittlung bestimmter Leistungen oder Vertragspartner (zB eines Generalunternehmers bei einem Bauvorhaben) an; sie fallen nur insoweit unter den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 6 EStG 1988, als sie nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes gehören.

Vertriebskosten

1390Dies sind vor allem mit der Kundenakquisition in Zusammenhang stehende Kosten (zB Werbeaufwand, Kosten der Erstellung von Prospekten, Verkaufs- und Vermittlungsprovisionen).

Verwaltungskosten

1391Diese sind vor allem in Zusammenhang mit der Verwaltung von Mietobjekten stehende Aufwendungen.

5.5.8.3 Anwendungsbereich des Verteilungsgebotes

1392Das Verteilungsgebot ist für alle Gewinnermittlungsarten sowie gemäß der analogen Bestimmung in § 19 Abs. 3 EStG 1988 auch für alle Überschusseinkünfte anzuwenden. In erster Linie findet es bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (als Durchbrechung des Abflussprinzips) sowie bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 (als Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten vergleichbaren Abgrenzungen) Anwendung. Bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 liegt in den meisten Fällen Aktivierungspflicht auf Grund der nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen zu bildenden Rechnungsabgrenzungsposten vor. Da der Gesetzeswortlaut nur auf nicht aktivierungspflichtige Vorauszahlungen Bezug nimmt, trifft die Verteilungspflicht nur gegebene Vorauszahlungen (die Aufwandseite; vgl. auch VwGH 24.10.1995, 95/14/0057). Die Behandlung erhaltener Vorauszahlungen ist davon nicht berührt.

Im Rahmen der Umsatzsteuerbruttomethode (vgl. Rz 745) ist die abziehbare Vorsteuer, die auf verteilungspflichtige Ausgaben entfällt, gesondert abzugsfähig (Verteilung des Nettowertes).

1393Eine Verteilung hat nicht nur dann zu erfolgen, wenn jemand verpflichtet wäre, laufend Zahlungen zu leisten (wie z.B. bei Mietzins, Kreditzinsen), sondern auch dann, wenn sich die Gegenleistung auf einen längeren Zeitraum erstreckt.

Beispiel:

Im Jahr 2000 werden Kosten einer für die Dauer von zehn Jahren ab der Fertigstellung und Vermietbarkeit im Jahr 2003 erteilten Vermietungsgarantie sowie für die Vermittlung von künftigen Mietern vorausbezahlt. Die Vorauszahlung ist auf den Zeitraum 2003 bis 2012 zu verteilen.

5.5.8.4 Ausschluss des Anwendungsbereiches des § 4 Abs. 6 EStG 1988

1394Das Verteilungsgebot ist dann nicht anzuwenden, wenn

  • Aktivierungspflicht besteht, weil

  • die Aufwendung zum Erwerb eines aktivierungspflichtigen Rechtes (zB Mietrecht) führt;

  • eine Vorauszahlung mit Darlehenscharakter vorliegt ;

  • für § 5 EStG-Ermittler nach den unternehmensrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung bzw. für § 4 Abs. 1 EStG-Ermittler nach den Grundsätzen der Bewertungsstetigkeit Rechnungsabgrenzungen zu bilden sind;

  • für Bilanzierende die Sonderbestimmung des § 6 Z 3 EStG 1988 betreffend das Damnum eingreift (vgl. hiezu Rz 2459 f).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
16.06.2008
Betroffene Normen:
§ 4 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Vorauszahlungen - Zahlungszeitpunkt - Verteilungsgebot - Beratungskosten - Bürgschaftskosten - Fremdmittelkosten - Fremdmittel - Eintragungsgebühren - Garantiekosten - Bankgarantien - Mietkosten - entgeltliche Überlassung - Leasing - Pachtzahlungen - Leasingzahlungen - Betriebskosten - Mietgarantien - Mietrecht - AfA - Treuhandkosten - Treuhänder - Vermittlungskosten - Generalunternehmer - Bauvorhaben - Anschaffungskosten - Vertriebskosten - Kundenakquisition - Vermittlungsprovisionen - Verwaltungskosten - Mietobjekte - Verteilungsgebote - Einnahmen-Ausgaben-Rechnung - Rechnungsabgrenzungsposten - Aktivierungspflicht - handelsrechtliche Grundsätze - handelsrechtlicher Grundsatz - Umsatzsteuerbruttomethode - abziehbare Vorsteuer - aktivierungspflichtige Rechte - Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung - Bewertungsstetigkeit - Rechnungsabgrenzungen - Bilanzierende - Damnum - Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448