Richtlinie des BMF vom 05.11.2021, 2021-0.768.485
2. Persönliche Steuerbefreiungen ( §§ 5 bis 6b KStG 1988)
2.10 Gemeinnützige Bauvereinigungen ( § 5 Z 10 und § 6a KStG 1988)

2.10.7 Besteuerung

2.10.7.1 Steuerpflichtiger Bereich und Abgrenzung

2.10.7.1.1 Gewinnermittlung

2.10.7.1.1.1 Allgemeines

263Gemeinnützige Bauvereinigungen fallen, soweit sie infolge begünstigungsschädlicher Geschäfte oder Verwaltung von Eigenkapital im Sinne des § 7 Abs. 6 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unbeschränkt steuerpflichtig sind, unter § 7 Abs. 3 KStG 1988. Diesbezüglich sind daher alle Einkünfte ( § 2 Abs. 3 EStG 1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb ( § 23 Z 1 EStG 1988) zuzurechnen.

264Die Gewinnermittlung für die steuerpflichtigen Bereiche hat in gesondert gekennzeichneten Rechnungskreisen innerhalb der Buchhaltung der gemeinnützigen Bauvereinigung zu erfolgen. Gesonderte Rechnungskreise sind einerseits für die steuerpflichtigen Geschäfte und andererseits für die Einkünfte aus der Verwaltung von Eigenkapital im Sinne des § 7 Abs. 6 WGG (siehe Rz 277) einzurichten.

2.10.7.1.1.2 Rechnungskreis für die begünstigungsschädlichen Geschäfte

265Der Rechnungskreis für die begünstigungsschädlichen Geschäfte ist vom Beginn bis zum Ende (siehe Rz 249) der Geschäfte zu führen. In den Rechnungskreis sind auch allfällige vor dem Beginn des Geschäftes angefallene Kosten (zB Vorplanung) miteinzubeziehen. Unterhält die gemeinnützige Bauvereinigung mehrere begünstigungsschädliche Geschäfte, ist nicht für jedes Geschäft ein eigener Rechnungskreis einzurichten, sondern erstreckt sich der besondere Rechnungskreis auf sämtliche Geschäfte.

266Der Gewinn ist für sämtliche, im gesonderten Rechnungskreis zusammengefassten begünstigungsschädlichen Geschäfte nach § 5 EStG 1988 so zu ermitteln, als ob ein Betrieb vorläge. Für den Rechnungskreis gelten daher dieselben Rechnungslegungsbestimmungen und Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung wie für einen Betrieb, der seinen Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermittelt (siehe EStR 2000 Rz 419 bis 425 sowie 431). Die Erstellung einer Bilanz sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung im Sinne einer ordnungsgemäßen Buchführung ist daher für die Erfassung der begünstigungsschädlichen Geschäfte in einem gesonderten Rechnungskreis unerlässlich.

Der Gewinnermittlungszeitraum entspricht dem unternehmensrechtlichen Bilanzierungszeitraum. Innerhalb des gesonderten Rechnungskreises gelten die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften uneingeschränkt. Es ist somit nicht der ausgewiesene Gesamtgewinn (Gesamtverlust) der gemeinnützigen Bauvereinigung auf den steuerfreien und steuerpflichtigen Teil aufzuteilen, sondern der Gewinn innerhalb des durch den gesonderten Rechnungskreis bestimmten steuerpflichtigen Teiles unabhängig vom Gesamtgewinn (Gesamtverlust) zu ermitteln. Es kann sich daher auch bei Vorliegen eines Gesamtverlustes (oder Gesamtgewinnes) ein Gewinn (oder Verlust) im steuerpflichtigen Bereich ergeben.

2.10.7.1.1.3 Aufteilungsgrundsätze

267Die Gemeinnützige Bauvereinigung hat das Betriebsvermögen, soweit es den begünstigungsschädlichen Geschäften dient, dem steuerpflichtigen Bereich zuzurechnen. Hinsichtlich gemischt genutzter körperlicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (zB Baumaschinen) hat die Zurechnung zum steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Vermögen nach dem Überwiegensgrundsatz, bei Grundstücken des Anlagevermögens nach den Quotengrundsätzen der EStR 2000 Rz 566 bis 572 zu erfolgen.

268Die Gemeinnützige Bauvereinigung hat alle Aufwendungen und Erträge, die durch begünstigungsschädliche Geschäfte veranlasst sind, im gesonderten Rechnungskreis zu erfassen. Soweit eine direkte Zurechnung von Aufwendungen und Erträgen nicht möglich ist, hat die Aufteilung auf den steuerfreien und steuerpflichtigen Bereich anhand eines Schlüssels zu erfolgen. Dazu sind die aufzuteilenden Beträge den entsprechenden Kostenstellen und Ertragspositionen in den einzelnen Geschäftskreisen gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 WGG zuzuweisen.

269Als Aufteilungsschlüssel ist das Verhältnis der innerhalb dieser Kostenstellen und Ertragspositionen direkt dem steuerpflichtigen und steuerfreien Bereich zurechenbaren Aufwendungen und Erträge heranzuziehen. Aufwendungen und Erträge aus der Vermögensverwaltung (siehe Rz 232) sind in die Berechnung nicht miteinzubeziehen. Die vor dem Beginn eines Geschäftes angefallenen Kosten (zB Vorplanung) sind, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Entstehens, in der ersten Periode zu verrechnen, in der das Grundgeschäft steuerlich zu erfassen ist.

270Im Interesse einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise sind bei der dargestellten Zuordnung bzw. Aufteilung des Betriebsvermögens bzw. der Aufwendungen und Erträge Bagatellanteile zu vernachlässigen. Ein Bagatellanteil ist in der Regel dann anzunehmen, wenn er weniger als 2% des Vermögensbestandteiles bzw. Aufwandes oder Ertrages beträgt.

2.10.7.1.2 Verlustabzug

271Ein Verlustabzug aus dem gesonderten Rechnungskreis kann gemäß § 8 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Ein Ausgleich mit den steuerlichen Einkünften aus der Verwaltung von Eigenkapital im Sinne des § 7 Abs. 6 WGG (siehe Rz 277) ist aber gemäß § 6a Abs. 2 KStG 1988 nicht möglich.

2.10.7.1.3 Eintritt und Ende der Teilsteuerpflicht

272Die Teilsteuerpflicht hinsichtlich genehmigter Ausnahmegeschäfte entsteht mit Aufnahme des einzelnen Geschäftes (siehe Rz 249). Nach § 18 Abs. 3 KStG 1988 ist § 18 Abs. 2 KStG 1988 hinsichtlich jedes einzelnen Geschäftes anzuwenden.

Wird ein genehmigtes Ausnahmegeschäft abgeschlossen, endet mit dem Zeitpunkt der Beendigung die Teilsteuerpflicht hinsichtlich dieses Geschäftes. § 18 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 KStG 1988 ist anzuwenden; der sich daraus ergebende Unterschiedsbetrag ist im Rahmen der Jahresveranlagung gemeinsam mit dem laufenden Gewinn aus noch weitergeführten Ausnahmegeschäften zu versteuern. Der gesonderte Rechnungskreis ist bis zum Abschluss aller Ausnahmegeschäfte weiterzuführen.

Zur Teilsteuerpflicht hinsichtlich Verwaltung von Eigenkapital im Sinne des § 7 Abs. 6 WGG siehe Rz 277.

2.10.7.1.4 Eintritt und Ende der unbeschränkten Steuerpflicht

273Eine gemeinnützige Bauvereinigung wird unbeschränkt steuerpflichtig, wenn die Landesregierung gemäß § 35 WGG die Gemeinnützigkeit aberkennt, ein begünstigungsschädliches Geschäft ohne Antragstellung nach § 6a Abs. 2 KStG 1988 begonnen wird oder die Buchführung so schwere formelle oder materielle Mängel aufweist, dass ihre sachliche Richtigkeit und daher auch die Richtigkeit der Zuordnung zum steuerfreien und steuerpflichtigen Bereich in Zweifel zu ziehen ist. Für Wirtschaftsjahre, für die der gemeinnützigen Bauvereinigung der Bestätigungsvermerk erteilt wurde, ist grundsätzlich von der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auszugehen.

274Anerkennt die Landesregierung eine gemeinnützige Bauvereinigung erstmalig oder nach einer Entziehung gemäß § 35 WGG neuerlich als gemeinnützig, scheidet sie mit Beginn des Gewinnermittlungszeitraumes, der auf den Anerkennungsbescheid folgt, aus der unbeschränkten Steuerpflicht aus.

275Dies gilt sinngemäß, wenn die dargestellten Buchführungsmängel nicht mehr bestehen. Die Einschränkung der Steuerpflicht tritt mit dem Beginn des Gewinnermittlungszeitraumes, für den eine ordnungsmäßige Buchführung wieder gegeben ist, wieder in Kraft. § 18 Abs. 1 KStG 1988 ist anzuwenden. Im Falle der rückwirkenden Anerkennung der Gemeinnützigkeit gemäß § 34 Abs. 2 WGG gilt der dem Zeitpunkt der Antragstellung folgende Beginn des Gewinnermittlungszeitraumes als maßgeblicher Stichtag.

2.10.7.1.5 Mindestkörperschaftsteuer

276Eine Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 (siehe Rz 1549 bis 1568) fällt nur dann an, wenn die gemeinnützige Bauvereinigung teilsteuerpflichtig oder unbeschränkt steuerpflichtig ist. Beginn und Ende der Mindestkörperschaftsteuerpflicht richten sich nach dem Beginn und Ende der Teilsteuerpflicht (siehe Rz 272) bzw. der unbeschränkten Steuerpflicht (siehe Rz 273 bis 275) sowie nach den allgemeinen Bestimmungen hinsichtlich der Mindestkörperschaftsteuer (siehe Rz 1554 bis 1561).

2.10.7.2 Steuerliche Behandlung einer Eigenkapitalrücklage gemäß § 7 Abs. 6 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz

277Eine gemeinnützige Bauvereinigung, die über Eigenkapital verfügt, das nicht zur Deckung langfristiger Vermögensbestände oder der vorausschauenden Sicherung des laufenden Geschäftsbetriebes und sich daraus ergebender Finanzierungserfordernisse verwendet wurde, hat dieses Eigenkapital (Reservekapital) gemäß § 7 Abs. 6 WGG innerhalb der folgenden zwei (bisher: drei) Geschäftsjahre für Geschäfte im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 4b WGG zu verwenden.

Das Eigenkapital (Reservekapital) wird wie folgt ermittelt:

Eigenkapital

+ langfristiges Fremdkapital

+ von anderen gemeinnützigen Bauvereinigungen gewährte Darlehen

- betriebsnotwendiges Anlagevermögen

- betriebsnotwendiges Umlaufvermögen

Summe > 0 ergibt Reservekapital (RK)

Als Anreiz für die widmungsgemäße Verwendung des Eigenkapitals durch gemeinnützige Bauvereinigungen sind gemäß § 6a Abs. 4 KStG 1988 Erträge aus der Vermögensverwaltung nur insoweit steuerfrei, als das ertragbringende Vermögen zum "Normalbestand" zu zählen ist. Sammelt eine gemeinnützige Bauvereinigung darüber hinaus "Reservekapital" (Eigenkapital, das nicht zur Deckung langfristiger Vermögensbestände oder der vorausschauenden Sicherung des laufenden Geschäftsbetriebes verwendet wurde) an, sind die daraus resultierenden Erträge grundsätzlich steuerpflichtig.

Die Steuerpflicht kann allerdings insoweit vermieden werden, als das "Reservekapital" innerhalb von drei Jahren einer widmungsgemäßen Verwendung im Sinn des WGG zugeführt wird. Dies wird dadurch erreicht, dass die entsprechenden Erträge in eine zunächst steuerfreie Rücklage eingestellt werden, die sodann nach Maßgabe des Abbaus des "Reservekapitals" innerhalb eines Dreijahreszeitraums steuerneutral aufgelöst wird. Eine so genannte Baupause im Sinne des § 7 Abs. 5 WGG hemmt die Verwendungsfrist insoweit, als sie sich auf (volle) Wirtschaftsjahre erstreckt.

Dabei gilt Folgendes:

  • Die Bildung einer Rücklage steht im kaufmännischen Ermessen, die Verwendung der Rücklage hingegen nicht.

  • Gebildete Rücklagen sind nur in jenem Verhältnis als verwendet anzusehen, in dem das verwendungspflichtige Eigenkapital abgebaut wird. Als Abbau gilt auch die Gewährung von Darlehen an andere Bauvereinigungen im Sinne des WGG zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG unabhängig von ihrer Fristigkeit.

  • Die Relation des Kapitalabbaus ist stets auf den Stand des jeweiligen Vorjahres zu beziehen, sodass im Falle eines Gleichstandes oder einer späteren Erhöhung des verwendungspflichtigen Eigenkapitals eine bestimmungsgemäße Verwendung unterbleibt.

  • Die sich aus der Verhältnisrechnung ergebende für die bestimmungsgemäße Verwendung maßgebende Prozentzahl ist auf den Stand der Rücklage zum vorangegangenen Bilanzstichtag und den im betreffenden Jahr zugeführten Rücklagenteil zu beziehen. Im Hinblick auf die dreijährige Verwendungspflicht müssen die jährlichen Zuführungen zur Rücklage daher evident gehalten werden.

  • Die bestimmungsgemäße Verwendung der Rücklage ist steuerneutral.

  • Rücklagen oder Rücklagenteile, die innerhalb der dreijährigen Verwendungsfrist nicht bestimmungsgemäß verwendet werden konnten, sind im dritten dem Bildungsjahr folgenden Wirtschaftsjahr mit einem zwanzigprozentigen Zuschlag steuerwirksam aufzulösen.

Die Berechnung der Rücklage (RL) bzw. ihre steuerfreie Auflösung hat wie folgt zu erfolgen:

(RL am Beginn des WJ + laufende Einkünfte aus RK) x (RK am Ende des WJ / RK am Beginn des WJ)1) - wegen Zeitablaufs zu versteuernde RL-Teile = Rücklage

1)Dieser Quotient darf höchstens 100% betragen.

Beispiel:

Das Reservekapital (RK) im Sinne des § 7 Abs. 6 WGG und die daraus resultierenden Einkünfte einer zum 31. Dezember bilanzierenden gemeinnützigen Bauvereinigung betragen:


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2020
2021
2022
2023
2024
RK
100
90
72
80
40
Einkünfte
10
12
15
8

Sämtliche Einkünfte aus dem RK werden jeweils der Eigenkapitalrücklage gemäß § 6a Abs. 5 KStG 1988 zugeführt. Aus dem Verzeichnis ergibt sich für die Rücklagenteile (RLT) in den einzelnen Jahren folgendes Bild:


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RLT
2021 1)
2022 2)
2023
2024 3)
2021
10-1=9 5)
9-1,8=7,2
7,2
7,2-3,6=3,6 4)
2022
12-2,4=9,6 5)
9,6
9,6-4,8=4,8
2023
15 5)
15-7,5=7,5
2024
8-4=4 5)

1)

2)

3)

4)

5)


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.11.2021
Betroffene Normen:
§ 7 Abs. 6 WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
§ 7 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 2 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 23 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 7 Abs. 1 bis 3 WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
§ 8 Abs. 4 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 6a Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 18 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 18 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 35 WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
§ 18 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 34 Abs. 2 WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
§ 24 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 6a Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 7 Abs. 5 WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
§ 7 Abs. 1 bis 4b WGG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979
Schlagworte:
Rechnungskreis - Aufteilungsgrundsätze
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455