Richtlinie des BMF vom 05.11.2021, 2021-0.768.485
23. Sondervorschriften für hybride Gestaltungen (§ 14 KStG 1988)
23.6 Neutralisierung einer hybriden Gestaltung iZm einer D/NI-Steuerdiskrepanz (§ 14 Abs. 6 KStG 1988)

23.6.3 Sekundäre Maßnahme

1309izIm Rahmen der sekundären Maßnahme kommt es gemäß § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 bei einer hybriden Gestaltung, die zu einem Abzug von Aufwendungen im Ausland ohne korrespondierende steuerliche Erfassung der Erträge im Inland führt, zu einer Neutralisierung durch steuerliche Erfassung der Erträge im Inland.

1309jaDie Neutralisierung im Inland im Wege der sekundären Maßnahme gilt nur subsidiär, wenn nicht bereits im Ausland die D/NI-Steuerdiskrepanz durch eine primäre Maßnahme im Sinne des § 14 Abs. 6 Z 1 KStG 1988 (dh. Verweigerung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen) beseitigt wurde. Eine primäre Maßnahme im Ausland geht daher der sekundären Maßnahme im Inland stets vor. Vor Anwendung der sekundären Maßnahme ist also zu prüfen, ob nicht bereits der andere Staat in Umsetzung der Verpflichtungen der ATAD oder der OECD-Empfehlungen die D/NI-Steuerdiskrepanz durch Anwendung einer primären Maßnahme neutralisiert hat. Soweit eine im Inland gemäß § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 neutralisierte hybride Gestaltung erst nachträglich im anderen Staat neutralisiert wird, stellt dies gemäß § 14 Abs. 10 KStG 1988 ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar (siehe dazu Rz 1309kl).

1309jbDer Anwendungsbereich der sekundären Maßnahme ist auf D/NI-Steuerdiskrepanzen bei Zahlungen eines ausländischen hybriden Unternehmens im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 an die an ihm beteiligte inländische Körperschaft beschränkt. Als Zahlung gilt jeder zu einem Aufwand beim hybriden Unternehmen führende Betrag, der aufgrund einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen dem hybriden Unternehmen und der beteiligten Körperschaft geleistet wird.

1309jcZahlungen einer anderen Körperschaft an eine hybride oder unberücksichtigte Betriebsstätte einer inländischen Körperschaft, die zu einer D/NI-Steuerdiskrepanz führen, fallen nicht unter § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988, sondern sind nach Maßgabe von § 14 Abs. 6 Z 1 KStG 1988 bei der zahlenden Körperschaft (siehe dazu Rz 1309it) oder § 14 Abs. 8 KStG 1988 im Fall einer unberücksichtigten Betriebsstätte bei der empfangenden Körperschaft zu neutralisieren (siehe dazu Rz 1309kd).

1309jdFür Zwecke des § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 liegt ein ausländisches hybrides Unternehmen vor, wenn dieses nach österreichischem Steuerrecht als Personengesellschaft eingestuft wird und nach dem Recht jenes Staates, in dem es errichtet wurde oder seinen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung hat, als Körperschaft eingestuft wird.

1309jeEine inländische Körperschaft liegt vor, wenn diese ihren Sitz im Sinne des § 27 BAO im Inland hat. Für Zwecke der Anwendung des § 14 KStG 1988 gilt auch eine doppelt ansässige Körperschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland als inländische Körperschaft.

1309jfEin Beteiligungsverhältnis im Sinne dieser Bestimmung kann durch unmittelbare oder mittelbare Beteiligung in Form von Kapitalanteilen, Stimmrechten oder einem Gewinnanspruch am hybriden Unternehmen begründet werden. Ein Mindestbeteiligungsausmaß ist nicht erforderlich, allerdings setzt das Vorliegen einer zu neutralisierenden hybriden Gestaltung voraus, dass die inländische beteiligte Körperschaft und das ausländische hybride Unternehmen verbundene Unternehmen im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 2 erster Teilstrich iVm Abs. 4 KStG 1988 sind oder eine strukturierte Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 5 KStG 1988 vorliegt.

Beispiel:

Es erfolgt eine Zinszahlung der im Staat A ansässigen A Co an ihre 80-prozentige Gesellschafterin, die in Österreich ansässige B GmbH, für ein Gesellschafterdarlehen. Die A Co wird im Staat A als intransparent (Steuersubjekt) behandelt; für die Zahlung wird ein Abzug zugelassen. Aus österreichischer Sicht wird die A Co als Personengesellschaft eingestuft und davon ausgegangen, dass im Staat A eine (anteilige) Betriebsstätte für die inländische Gesellschafterin B GmbH begründet wird. Das DBA zwischen Österreich und Staat A sieht für Betriebsstättengewinne die Befreiungsmethode vor. Es erfolgt daher keine steuerliche Berücksichtigung der Zahlung bei der Gesellschafterin B GmbH im Inland, weil die Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen behandelt werden und als Teil des Gewinns der Betriebsstätte im Staat A in Österreich der Befreiungsmethode unterliegen.

Die unterschiedliche Beurteilung der Steuersubjektivität des Zahlers führt zu einer Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 (D/NI-Ergebnis). Es liegt folglich eine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 (hybrides Unternehmen) vor, die sich zwischen dem hybriden Unternehmen A Co und seinem verbundenen Unternehmen B GmbH ergibt ( § 14 Abs. 3 Z 2 erster Teilstrich iVm Abs. 4 erster Teilstrich KStG 1988). Der Betrag der Zahlung ist daher in Österreich gemäß § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 bei der B GmbH steuerlich als Betriebseinnahme zu erfassen, sofern die D/NI-Steuerdiskrepanz nicht durch ein Abzugsverbot im Staat A beseitigt wurde.

1309jgDie Anwendung von § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 setzt voraus, dass das ausländische hybride Unternehmen aus österreichischer Sicht abkommensrechtlich als ausländische Betriebsstätte der inländischen beteiligten Körperschaft eingestuft wird und das anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen für Betriebsstättengewinne die Befreiungsmethode vorsieht.

Sieht das anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen jedoch für Betriebsstättengewinne die Anrechnungsmethode vor, werden die Einkünfte der Betriebsstätte ohnedies doppelt erfasst, sodass keine Neutralisierung im Inland zu erfolgen hat. Dies gilt daher auch, wenn etwa aus österreichischer Sicht das hybride Unternehmen als vermögensverwaltende Personengesellschaft eingestuft wird und die anteiligen Einkünfte daher ohnedies auf Ebene der inländischen beteiligten Körperschaft erfasst werden.

1309jh § 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 regelt nicht die Neutralisierung einer im Ausland abzugsfähigen Zahlung im Zusammenhang mit einem hybriden Finanzinstrument an eine inländische Körperschaft, die im Inland als Beteiligungsertrag anzusehen wäre (D/NI-Steuerdiskrepanz iZm hybridem Finanzinstrument), weil bereits § 10 Abs. 4 KStG 1988 für solche Fälle eine steuerpflichtige Erfassung von Beteiligungserträgen aus hybriden Finanzinstrumenten vorsieht, soweit die Dividenden bei der auszahlenden Körperschaft abzugsfähig sind (siehe dazu Rz 1248).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.11.2021
Betroffene Normen:
§ 14 Abs. 6 Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 6 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
RL 2016/1164, ABl. Nr. L 193 vom 19.07.2016 S. 1
§ 14 Abs. 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 27 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 2 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 10 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455