Richtlinie des BMF vom 05.11.2021, 2021-0.768.485
22. Zinsschranke (§ 12a KStG 1988)

22.7 Eigenkapitalquotenvergleich ( § 12a Abs. 5 KStG 1988)

22.7.1 Grundregel und Rechtsfolgen

1309cuFür konzernal verbundene Körperschaften kann sich unter den Voraussetzungen des § 12a Abs. 5 KStG 1988 eine Ausnahme von der nach § 12a Abs. 1 KStG 1988 eingeschränkten Abzugsfähigkeit eines Zinsüberhangs ergeben.

Eine Körperschaft, die vollständig in einen Konzernabschluss nach UGB, IFRS oder vergleichbaren Rechnungslegungsstandards einbezogen wird (zur Vergleichbarkeit von Rechnungslegungsstandards siehe Rz 1309cx), kann ihren Zinsüberhang - ungeachtet des § 12a Abs. 1 KStG 1988 - in voller Höhe abziehen, wenn ihre eigene Eigenkapitalquote zum Abschlussstichtag des jeweiligen Wirtschaftsjahres entweder gleich hoch oder höher ist als die Eigenkapitalquote des Konzerns, in den sie einbezogen wird (Eigenkapitalquotenvergleich). § 12a Abs. 5 KStG 1988 sieht im Sinne einer Toleranzregel vor, dass ein vollständiger Abzug des Zinsüberhangs auch zulässig ist, wenn die Eigenkapitalquote der jeweiligen Konzerngesellschaft die Eigenkapitalquote des Konzerns - lediglich geringfügig - um nicht mehr als 2 Prozentpunkte unterschreitet.

1309cvDie Anwendung des Eigenkapitalquotenvergleichs gemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 bedingt die Ermittlung der Eigenkapitalquote der jeweiligen Körperschaft, die den Eigenkapitalquotenvergleich in Anspruch nehmen will, sowie die Ermittlung der Eigenkapitalquote des Konzerns, in den diese Körperschaft vollständig einbezogen wird. Die Ermittlung und Vornahme des Eigenkapitalquotenvergleichs obliegt jener Körperschaft, die den Eigenkapitalquotenvergleich anwenden will. Die Inanspruchnahme des Eigenkapitalquotenvergleichs durch den Steuerpflichtigen erfolgt wirtschaftsjahrbezogen; eine amtswegige Verpflichtung zur Anwendung des Eigenkapitalquotenvergleichs besteht nicht.

Die Anwendung des Eigenkapitalquotenvergleichs ist aufgrund von § 12a Abs. 7 Z 2 KStG 1988 auch möglich, wenn eine Unternehmensgruppe vorliegt. Siehe dazu Rz 1309eu ff.

1309cwBei tatsächlicher Erfüllung des Eigenkapitalquotenvergleichs gemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 kann der gesamte Zinsüberhang der Konzerngesellschaft des jeweiligen Wirtschaftsjahres zur Gänze als Betriebsausgabe abgezogen werden; dies betrifft auch einen etwaigen Zinsvortrag, der gemäß § 12a Abs. 6 Z 1 KStG 1988 durch Erhöhung der Zinsaufwendungen des darauffolgenden Wirtschaftsjahres in den Zinsüberhang dieses Wirtschaftsjahres einfließt (siehe dazu Rz 1309dq f).

Ein EBITDA-Vortrag gemäß § 12a Abs. 6 Z 2 lit. a KStG 1988 kann in Wirtschaftsjahren, in denen der Eigenkapitalquotenvergleich tatsächlich erfüllt wird, nicht entstehen, weil diesfalls kein den Zinsüberhang übersteigendes verrechenbares EBITDA vorliegt. In Wirtschaftsjahren, in denen das verrechenbare EBITDA den Zinsüberhang übersteigt, weshalb der Eigenkapitalquotenvergleich nicht tatsächlich zur Anwendung gebracht wird, kann insoweit ein EBITDA-Vortrag entstehen, auch wenn der Eigenkapitalquotenvergleich abstrakt erfüllt wäre. Siehe dazu auch Rz 1309eb.

22.7.2 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den Eigenkapitalquotenvergleich

22.7.2.1 Vollständige Einbeziehung in einen Konzernabschluss

1309cxDer Eigenkapitalquotenvergleich bedingt eine vollständige Einbeziehung in einen Konzernabschluss nach UGB, IFRS oder anderen vergleichbaren Rechnungslegungsstandards. Als mit UGB oder IFRS "vergleichbare" Rechnungslegungsstandards kommen - in Anlehnung an die Anforderungen des § 245 Abs. 2 Z 2 UGB zur Befreiung von der Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses - nach dem nationalen Recht eines EU- oder EWR-Staates aufgestellte Konzernabschlüsse in Betracht; bei nach dem Recht von Drittstaaten erstellten Konzernabschlüssen ist von einer Vergleichbarkeit nur dann auszugehen, wenn sie als gleichwertig im Sinne der VO (EG) 1569/2007 anzusehen sind ( Verordnung (EG) Nr. 1569/2007 der Kommission vom 21. Dezember 2007 über die Einrichtung eines Mechanismus zur Festlegung der Gleichwertigkeit der von Drittstaatemittenten angewandten Rechnungslegungsgrundsätze gemäß den Richtlinien 2003/71/EG und 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates). Nach US-GAAP erstellte Konzernabschlüsse sind jedenfalls als gleichwertig anzusehen.

1309cyWird der Konzernabschluss, in den die Körperschaft vollständig einbezogen wird, nicht verpflichtend, sondern lediglich freiwillig erstellt, steht dies der Anwendung des Eigenkapitalquotenvergleichs nicht entgegen (umgekehrt steht die freiwillige Einbeziehung in einen Konzernabschluss der Anwendung der Ausnahme für eigenständige Unternehmen entgegen; siehe dazu Rz 1309am). Der für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs maßgebliche Vergleichsmaßstab ist diesfalls der freiwillig erstellte Konzernabschluss.

1309czDa der Eigenkapitalquotenvergleich die "vollständige" Einbeziehung in einen Konzernabschluss voraussetzt, kann die Ausnahmebestimmung des § 12a Abs. 5 KStG 1988 nicht in Anspruch genommen werden, wenn die jeweilige Körperschaft bloß anteilig in den Konzern einbezogen wird ("Quotenkonsolidierung" oder "at equity"-Konsolidierung; zur möglichen Inanspruchnahme der Ausnahmebestimmung für eigenständige Körperschaften bei Vorliegen einer "Quotenkonsolidierung" oder "at equity"-Konsolidierung siehe aber Rz 1309al).

1309daDie vollständige Einbeziehung einer Körperschaft in den Konzernabschluss muss für die Inanspruchnahme des Eigenkapitalquotenvergleichs zudem tatsächlich erfolgen; die bloß abstrakte Möglichkeit der Einbeziehung ist für die Inanspruchnahme des Eigenkapitalquotenvergleichs nicht ausreichend (zur freiwilligen Einbeziehung siehe Rz 1309cy). Die Inanspruchnahme des Eigenkapitalquotenvergleichs durch eine Körperschaft kann folglich insbesondere dann nicht erfolgen, wenn auf deren Einbeziehung in den Konzernabschluss aus den in § 249 UGB genannten Gründen verzichtet wird (zB weil die für die Einbeziehung erforderlichen Angaben nicht ohne unverhältnismäßige Verzögerungen und nicht hohe Kosten zu erhalten sind oder die Beteiligung ausschließlich zum Zweck der Weiterveräußerung gehalten wird).

22.7.2.2 Zeitliche Aspekte

1309dbGemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 bezieht sich die Voraussetzung für die Anwendung des Eigenkapitalquotenvergleichs in zeitlicher Hinsicht auf den "Abschlussstichtag dieses Wirtschaftsjahres", also den Abschlussstichtag jenes Wirtschaftsjahres der Körperschaft, für das die vollständige Abzugsfähigkeit des Zinsüberhangs durch den Eigenkapitalquotenvergleich erwirkt werden soll.

22.7.2.3 Ermittlung der Eigenkapitalquoten

1309dcBeim Eigenkapitalquotenvergleich gemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 wird die auf Basis des Jahresabschlusses der Körperschaft ("Einzelabschluss") ermittelte Eigenkapitalquote der auf Basis des Konzernabschlusses ermittelten Eigenkapitalquote gegenübergestellt. Die Eigenkapitalquote des Einzel- und Konzernabschlusses wird nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen jeweils als Verhältnis von Eigenkapital zur Bilanzsumme ermittelt.

1309ddGesonderte Anpassungen der für die Ermittlung der Eigenkapitalquote maßgeblichen Größen für steuerliche Zwecke sieht § 12a Abs. 5 KStG 1988 nicht vor. Damit der Vergleich der auf Basis des Einzel- und Konzernabschlusses ermittelten Eigenkapitalquoten sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht aussagekräftig ist, normieren § 12a Abs. 5 Z 1 bis 3 KStG 1988 jedoch Rahmenbedingungen, unter denen die jeweilige Körperschaft den Eigenkapitalquotenvergleich vorzunehmen hat (siehe dazu näher Rz 1309dg ff).

Aus der gemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 erforderlichen Überleitung der für die Eigenkapitalquote maßgeblichen Größen (Eigenkapital und Bilanzsumme) auf den für den Konzernabschluss maßgeblichen Rechnungslegungsstandard sowie der Maßgeblichkeit des Konzernabschlusses im Hinblick auf die Bewertung (siehe dazu näher Rz 1309dh ff) ergibt sich, dass für den Eigenkapitalquotenvergleich die Einstufung als Eigenkapital nach dem Konzernrechnungslegungsstandard relevant ist. Die Einordnung als Eigenkapital nach steuerlichen Grundsätzen sowie der Ausweis als Eigenkapital im Einzelabschluss der Körperschaft sind hingegen nicht maßgeblich, weshalb sich für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs auch eine von steuerlichen und unternehmensrechtlichen Grundsätzen abweichende Behandlung bei der Einstufung als Eigen- oder Fremdkapital ergeben kann.

1309deIn den Eigenkapitalquotenvergleich sind die im Jahresabschluss der Körperschaft ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden einzubeziehen.

1309dfDer Eigenkapitalquotenvergleich gemäß § 12a Abs. 5 KStG 1988 kann auch im Falle einer negativen Eigenkapitalquote der jeweiligen Körperschaft und/oder des Konzerns vorgenommen werden. Negative Eigenkapitalquoten sind bei Vornahme des Eigenkapitalquotenvergleichs jeweils in deren tatsächlich ermittelter Höhe - also mit negativem Vorzeichen - und nicht mit null anzusetzen.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.11.2021
Betroffene Normen:
§ 12a Abs. 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12a Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12a Abs. 7 Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12a Abs. 6 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12a Abs. 6 Z 2 lit. a KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 245 Abs. 2 Z 2 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
VO 1569/2007, ABl. Nr. L 340 vom 22.12.2007 S. 66
§ 249 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 12a Abs. 5 Z 1 bis 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455