Richtlinie des BMF vom 05.11.2021, 2021-0.768.485
15. Einkommenszurechnung - Unternehmensgruppen (§ 9 KStG 1988)

15.3 Gruppenträger

15.3.1 Allgemeines

1021Mit dem Gruppenträger wird jene Funktion beschrieben, die an der Spitze der Unternehmensgruppe steht und die die vereinigten steuerlichen Ergebnisse zu versteuern hat. § 9 Abs. 3 KStG 1988 sieht in einer taxativen Aufzählung die Gruppenträgereigenschaft vor für

  • bestimmte inländische unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (siehe Rz 1022)

  • bestimmte ausländische beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (siehe Rz 1023 bis Rz 1025)

  • Beteiligungsgemeinschaften (Rz 1026 bis Rz 1030).

15.3.2 Inländische unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenträger

1022Gruppenträger können nach § 9 Abs. 3 Teilstrich 1 bis 3 KStG 1988 nur unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des VAG 2016 und Kreditinstitute im Sinne des BWG sein. Andere Körperschaftsteuersubjekte wie Privatstiftungen, Vereine, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen können nicht Gruppenträger sein. Die Qualifikation der genannten Körperschaften als operativ oder vermögensverwaltend ist für die Gruppenträgereigenschaft ohne Bedeutung.

Zur Eignung befreiter Körperschaften siehe Rz 1007 f. Zur Vorgesellschaft siehe Rz 1010.

15.3.3 Ausländische beschränkt steuerpflichtige Gruppenträger

1023Nach § 9 Abs. 3 vierter Teilstrich KStG 1988 sind ausländische beschränkt steuerpflichtige Körperschaften gruppenträgerfähig, wenn sie entweder EU-Körperschaften laut Anlage 2 zum EStG 1988, die den inländischen gruppenträgerfähigen Körperschaften vergleichbar sind, oder den österreichischen Kapitalgesellschaften vergleichbare Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im EU/EWR-Raum (Norwegen, Island und Liechtenstein) sind. Diese beschränkt steuerpflichtigen EU/EWR-Körperschaften müssen zudem einen inländischen Anknüpfungspunkt haben, dh. sie müssen mit einer Zweigniederlassung im österreichischen Firmenbuch eingetragen sein und die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern müssen funktional (siehe dazu Rz 433) zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören. Ob eine inländische Zweigniederlassung vorliegt, ist nach § 12 UGB bzw. § 254 AktG zu beurteilen.

1024Fehlt es an einer Zweigniederlassung (Rz 1023), liegt aber eine Beteiligung einer ausländischen Körperschaft an einer im Firmenbuch eingetragenen inländischen Personengesellschaft (OG oder KG), die den Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermittelt, vor, kann darin eine Zweigniederlassung nur dann angenommen werden, wenn die inländische Personengesellschaft operativ tätig ist und die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören. Es ist nicht erforderlich, dass die ausländische Körperschaft 100-prozentiger Mitunternehmer ist, solange die ausreichende finanzielle Verbindung iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 (siehe Rz 1039 bis Rz 1054) vorliegt. Unter den genannten Voraussetzungen kann auch eine inländische GmbH & Co KG als Zweigniederlassung eingestuft werden. Die unwesentliche Beteiligung von mehreren ausländischen Kapitalgesellschaften an einer inländischen Personengesellschaft kann nicht als Zweigniederlassung angesehen werden, weil es dann an der für die Zweigniederlassung unternehmensrechtlich notwendigen Unternehmensidentität fehlt.

Ein beschränkt steuerpflichtiger ausländischer Gruppenträger kann seinerseits Mitglied einer ausländischen "Gruppe" oder "Organschaft" sein, weil er sich zwar formal in der Stellung des Gruppenträgers befindet, steuerlich reduziert sich diese Stellung aber letztlich auf seinen beschränkt steuerpflichtigen (inländischen) Bereich.

15.3.4 Doppelt ansässige ausländische Gruppenträger

1025Nach § 7 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 gelten mit inländischen vergleichbare ausländische Körperschaften mit Geschäftsleitung im Inland nicht mehr als sonstige juristische Personen, sondern als die entsprechenden Körperschaften und sind damit gruppenträgerfähig. § 9 Abs. 3 KStG 1988 sieht im Interesse einer systemkonformen Gleichbehandlung mit den beschränkt steuerpflichtigen Trägerkörperschaften für doppelt ansässige Körperschaften denselben inländischen Anknüpfungspunkt vor. Eine in mehreren Staaten unbeschränkt steuerpflichtige ("doppelt ansässige") Körperschaft kann nur dann Gruppenträger sein, wenn sie im Inland mit einer Zweigniederlassung im Firmenbuch eingetragen ist und die Beteiligung an Gruppenmitgliedern der Zweigniederlassung zuzurechnen ist. Die Ausführungen in Rz 1023 f gelten entsprechend.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.11.2021
Betroffene Normen:
§ 9 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 254 AktG, Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965
Anlage 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 7 Abs. 3 erster Satz KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 9 Abs. 3 Teilstrich 1 bis 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 7 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 9 Abs. 3 vierter Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Schlagworte:
Gruppenträger
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455