Richtlinie des BMF vom 05.11.2021, 2021-0.768.485
23. Sondervorschriften für hybride Gestaltungen (§ 14 KStG 1988)

23.5 Strukturierte Gestaltung (§ 14 Abs. 5 KStG 1988)

1309iiEine hybride Gestaltung liegt auch vor, wenn eine Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 im Rahmen einer strukturierten Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 5 KStG 1988 eintritt ( § 14 Abs. 3 Z 2 vierter Teilstrich KStG 1988).

1309ijGemäß § 14 Abs. 5 erster Satz KStG 1988 liegt entsprechend Art. 2 Nr. 11 ATAD eine strukturierte Gestaltung vor, wenn

  • die Steuerdiskrepanz in die Bedingungen der Gestaltung eingerechnet ist (erster Teilstrich, siehe dazu Rz 1309ik) oder

  • diese mit der Absicht der Erzielung einer Steuerdiskrepanz entwickelt wurde (zweiter Teilstrich, siehe dazu Rz 1309il).

Zur Gegenausnahme gemäß § 14 Abs. 5 zweiter Satz KStG 1988 siehe Rz 1309im f.

1309ikEine Einrechnung der Steuerdiskrepanz in die Bedingungen der Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 5 erster Satz erster Teilstrich KStG 1988 liegt dann vor, wenn der sich aus der Steuerdiskrepanz ergebende Steuervorteil in die Konditionen der Gestaltung eingepreist wird. Ob der Steuervorteil im In- oder im Ausland eintritt, ist nicht maßgeblich. Auf das Ausmaß, in dem die Steuerdiskrepanz in die Gestaltung eingepreist wurde, kommt es ebenso wenig an. Indizien für die Einrechnung der Steuerdiskrepanz sind zB fremdunüblich vereinbarte Preise oder eine Vermarktung als steuerbegünstigte Gestaltung.

Beispiel:

A Co (ein im Staat A ansässiges Unternehmen) und B Co (ein in Staat B ansässiges Unternehmen) sind fremde Dritte. A Co leiht B Co im Rahmen eines Darlehens mit jährlicher Zinszahlung einen Betrag von 300.000 Euro. Die Anleihe wird nach den Rechtsvorschriften von Staat B als Fremdkapitalinstrument, nach den Rechtsvorschriften von Staat A aber als Eigenkapitalinstrument (dh. als Aktien) behandelt. Nach innerstaatlichem Recht befreit Staat A im Ausland erzielte Dividendeneinkünfte generell von der Steuer. Daher führt die Zahlung zu einem D/NI-Ergebnis, bei dem es sich um eine Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a erster Teilstrich KStG 1988 handelt.

Die Formel für die Berechnung der Zinszahlung für das Fremdkapitalinstrument sieht einen Abschlag gegenüber dem Marktzinssatz vor, der in Bezug auf den Körperschaftsteuersatz in Staat A berechnet wird (dh. die Zinsformel lautet Marktzinssatz x (1 - Steuersatz)). Der Marktzinssatz für das Darlehen würde 2% betragen (300.000 Euro x 2% = 6.000 Euro). Bei einem Steuersatz von 30% würde der A Co ein Zinsertrag nach Steuern iHv 4.200 Euro verbleiben. Da die Zahlung jedoch im Staat A als Dividendeneinkünfte behandelt und daher befreit wird, wird der sich aus der Steuerdiskrepanz ergebende Steuervorteil (1.800 Euro) in die Bedingungen der Vereinbarung eingerechnet, sodass die jährliche Zinszahlung für das Darlehen lediglich 4.200 Euro beträgt.

Da der Steuervorteil in die Berechnung des Zinssatzes eingepreist ist, liegt eine strukturierte Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 5 erster Teilstrich KStG 1988 vor.

1309ilEine strukturierte Gestaltung liegt gemäß § 14 Abs. 5 zweiter Teilstrich KStG 1988 alternativ zum ersten Teilstrich auch dann vor, wenn eine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 mit der Absicht zur Erzielung einer Steuerdiskrepanz entwickelt wurde. Diesbezüglich ist zu beurteilen, ob die Gegebenheiten und Umstände (einschließlich der Bedingungen) der Gestaltung objektiv auf eine solche subjektive Absicht jener Personen schließen lassen, welche an der Konzeption oder Beratung der Gestaltung beteiligt waren. Maßgeblich ist, ob die Absicht zur Erzielung einer Steuerdiskrepanz zum Zeitpunkt des Abschlusses der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung gegeben war. Es ist nicht erforderlich, dass die Erzielung einer Steuerdiskrepanz der wesentliche Grund für den Abschluss der Vereinbarung war.

1309im § 14 Abs. 5 zweiter Satz KStG 1988 schließt als Gegenausnahme zum ersten Satz der Bestimmung das Vorliegen einer strukturierten Gestaltung jedoch aus, wenn

  • die Körperschaft nicht an dem Steuervorteil aus der hybriden Gestaltung beteiligt wurde (Nichtbeteiligung) und

  • vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass die Körperschaft oder ein verbundenes Unternehmen von der hybriden Gestaltung nichts wusste (Nichtwissen).

Die beiden Tatbestandsvoraussetzungen der Nichtbeteiligung am Steuervorteil und des Nichtwissens von der hybriden Gestaltung müssen kumulativ erfüllt sein.

1309inLegt die Abgabenbehörde einen Anfangsbeweis für das Vorliegen einer strukturierten Gestaltung iSd § 14 Abs. 5 erster Satz KStG 1988 vor, obliegt die Beweislast über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gegenausnahme gemäß § 14 Abs. 5 zweiter Satz KStG 1988 der an der hybriden Gestaltung iSd § 14 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 beteiligten Körperschaft. Es ist dabei ausreichend, wenn die Körperschaft ihre Nichtbeteiligung am Steuervorteil und ihr Nichtwissen - sowie das ihrer verbundenen Unternehmen - glaubhaft machen kann.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.11.2021
Betroffene Normen:
§ 14 Abs. 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 3 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 3 Z 2 vierter Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 5 erster Satz KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Art. 2 Nr. 11 RL 2016/1164, ABl. Nr. L 193 vom 19.07.2016 S. 1
§ 14 Abs. 5 zweiter Satz KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 5 erster Satz erster Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a erster Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 5 erster Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 14 Abs. 5 zweiter Teilstrich KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455