Richtlinie des BMF vom 26.03.2024, 2024-0.234.213
2. Zuständigkeit der Finanzämter
2.2. Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe ( § 61 BAO)

2.2.2. Sachlicher Zuständigkeitsaspekt

70Das Finanzamt für Großbetriebe hat keine umfassende Zuständigkeit für alle (bundesrechtlich geregelten) Abgaben, sondern nur für jene, die ein in § 61 Abs. 1 BAO genannter Abgabepflichtiger zu entrichten hat und nur sofern die Abgabe nicht gemäß § 61 Abs. 2 BAO von der Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe ausgenommen ist.

Die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für Großbetriebe fallenden Abgaben können in drei Kategorien eingeteilt werden, nämlich jene, für die eine ausschließliche Zuständigkeit des Zollamts Österreich besteht (Rz 71); jene, für die eine ausschließliche Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich besteht (Rz 72 und Rz 73) und jene, für die eine ausschließliche Zuständigkeit von österreichischen Vertretungsbehörden besteht (Rz 74).

71Zu den Aufgaben, die ausschließlich durch das Zollamt Österreich zu erledigen sind, und die deshalb selbst dann nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fallen, wenn der persönliche Zuständigkeitsaspekt vorliegt ( § 61 Abs. 2 Z 1 BAO), gehören die in § 63 BAO aufgelisteten Zuständigkeitsbereiche. Das Finanzamt für Großbetriebe ist auch nicht für die Erhebung jener Abgaben zuständig, die nur deshalb nicht vom Zollamt Österreich erhoben werden, weil sie nicht zum Anwendungsgebiet gemäß § 3 ZollR-DG gehören; das betrifft die Ortsgebiete von Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg). Diese Abgaben werden von den deutschen Zollbehörden erhoben.

72Zu den Aufgaben, die ausschließlich durch das Finanzamt Österreich zu erledigen sind und die deshalb selbst dann nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fallen, wenn der persönliche Zuständigkeitsaspekt vorliegt, gehören die in § 61 Abs. 2 Z 2 und 4 bis 15 BAO aufgelisteten Zuständigkeitsbereiche:

  • Gebühren im Sinne des GebG,

  • Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren - § 4 Abs. 7 GGG iVm § 10a Abs. 1 GGV,

  • die Grunderwerbsteuer,

  • die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben,

  • die Bodenwertabgabe,

  • die Versicherungssteuer,

  • die Feuerschutzsteuer,

  • die Flugabgabe,

  • der Finanzierungsbeitrag gemäß § 1 Abs. 4 GSpG,

  • die Konzessionsabgabe gemäß § 17 GSpG,

  • die Spielbankabgabe gemäß § 28 und § 29 GSpG,

  • die Glücksspielabgaben gemäß §§ 57 bis 59 GSpG und

  • die Gebühren gemäß § 59a GSpG.

73Zu den Abgaben, die ausschließlich durch das Finanzamt Österreich zu erheben sind und die deshalb selbst dann nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fallen, wenn der persönliche Zuständigkeitsaspekt vorliegt, gehören weiters die in § 60 Abs. 2 BAO aufgelisteten Zuständigkeitsbereiche ( § 61 Abs. 2 letzter Satz BAO).

74Konsulargebühren nach dem KGG 1992 sind ausschließlich durch die österreichischen Vertretungsbehörden (zB Botschaften) zu erheben. Sie fallen deshalb selbst dann nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe, wenn der persönliche Zuständigkeitsaspekt vorliegt ( § 61 Abs. 2 Z 3 BAO).

2.2.3. Punktuelle Zuständigkeitserweiterung für die KESt-Vorschreibung und die Kontrolle umsatzsteuerlicher Pflichten von Zahlungsdienstleistern

75 § 61 Abs. 3 Z 1 BAO stellt klar, dass das Finanzamt für Großbetriebe auch für die Erhebung von Abzugsteuern von Abgabepflichtigen zuständig ist, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Das betrifft die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer, die Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 sowie den Steuerabzug bei Einkünften aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten gemäß § 107 EStG 1988.

§ 61 Abs. 3 Z 2 BAO stellt klar, dass das Finanzamt für Großbetriebe auch für die Kontrolle der Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten gemäß § 18a UStG 1994 bei Abgabepflichtigen zuständig ist, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen.

76Andererseits erweitert § 61 Abs. 3 Z 1 BAO die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe um einen Bereich, der nicht (zur Gänze) unter den Begriff "Abgabenerhebung" bei den in § 61 Abs. 1 BAO angeführten Abgabepflichtigen fallen würde, nämlich die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer beim Empfänger der Kapitalerträge. Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 ist in bestimmten Fällen die Kapitalertragsteuer dem Empfänger der Kapitalerträge vorzuschreiben. Selbst dann, wenn der Empfänger der Kapitalerträge (Schuldner der Kapitalertragsteuer) grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fallen würde, ist für die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer das Finanzamt für Großbetriebe immer dann zuständig, wenn es für den Abzugsverpflichteten zuständig ist (siehe Rz 93). Die Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich tritt hinter jene des Finanzamtes für Großbetriebe zurück ( § 60 Abs. 1 BAO).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
26.03.2024
Betroffene Normen:
§ 61 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 61 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 61 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 63 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 61 Abs. 2 Z 2 und 4 bis 15 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 4 Abs. 7 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984
§ 10a Abs. 1 GGV, Grundbuchsgebührenverordnung, BGBl. II Nr. 511/2013
§ 1 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 17 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 28 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 29 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59a GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§§ 57 bis 59 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 60 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 61 Abs. 2 letzter Satz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
KGG 1992, Konsulargebührengesetz 1992, BGBl. Nr. 100/1992
§ 61 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 61 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 107 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 60 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 61 Abs. 3 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Stammfassung:
2021-0.891.220

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAA-76470