Richtlinie des BMF vom 05.12.2022, 2022-0.860.124

103. Lieferung (Art. 3 UStG 1994)

103.1. Verbringen als Lieferung gegen Entgelt

Siehe Rz 3601 bis Rz 3617.

Randzahlen 3706 bis 3712: derzeit frei.

103.2. Konsignationslagerregelung

3713Für Verbringungen von Waren in Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten ist Art. 1a UStG 1994, der die Regelungen für Verbringungen in Konsignationslager in Österreich enthält, sinngemäß anzuwenden. Siehe hierzu daher Rz 3691 bis 3695.

103.3. Innergemeinschaftlicher Versandhandel

103.3.1. Motive

3714Die Versandhandelsregelung stellt sicher, dass bei der Versendung oder Beförderung der Ware durch den Lieferer an private Abnehmer in andere Mitgliedsstaaten die Besteuerung im Bestimmungsland erfolgt. Infolge der unterschiedlichen Steuersätze könnte es sonst zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Zum Einfuhr-Versandhandel siehe Rz 451.

103.3.2. Voraussetzungen

103.3.2.1. Beförderung oder Versendung

3715Der liefernde Unternehmer befördert oder versendet die Gegenstände selbst oder ist zumindest indirekt an der Beförderung oder Versendung beteiligt. Siehe auch Rz 446 bis Rz 449.

Eine indirekte Beteiligung (siehe Art. 5a VO (EU) 282/2011) des liefernden Unternehmers liegt bspw. vor, wenn dieser

  • im Unterauftrag einen Dritten beauftragt, die Gegenstände an den Erwerber zu befördern,

  • zumindest teilweise die Verantwortung für die Versendung oder Beförderung der Gegenstände trägt, auch wenn der tatsächliche Transport durch einen Dritten erfolgt,

  • dem Erwerber die Transportkosten für die Versendung in Rechnung stellt, diese einzieht und an einen Dritten weiterleitet, der den Transport durchführt oder

  • gegenüber dem Erwerber Zustelldienste bewirbt oder den Kontakt zu diesen herstellt oder einem Dritten auf andere Weise Informationen, die dieser für die Zustellung der Gegenstände an den Erwerber benötigt, übermittelt.

Hingegen liegt keine indirekte Beteiligung durch den liefernden Unternehmer vor, wenn der Erwerber die Gegenstände selbst befördert oder versendet und der Lieferer noch nicht einmal mittelbar die Organisation der Beförderung oder Versendung übernimmt oder unterstützt.

103.3.2.2. Warenbewegung

3716Der Gegenstand der Lieferung muss von einem Mitgliedstaat in den anderen Mitgliedstaat gelangen. Bis 30.6.2021 kommt die Versandhandelsregelung auch zur Anwendung, wenn der Lieferer den Gegenstand der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet einführt und die Abfertigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt. Ab 1.7.2021 liegt in solchen Fällen ein Einfuhr-Versandhandel vor (siehe Rz 451).

Beispiel 1:

Der russische Unternehmer R liefert Waren aus Moskau an den Privaten W nach Wien (Lieferkondition "verzollt und versteuert") und lässt den Transport durch einen von ihm beauftragten Spediteur besorgen. Dieser lässt die Waren in Deutschland zum freien Verkehr abfertigen. Der Einzelwert der Sendung beträgt 180 Euro.

Lösung:

Ab 1.7.2021 hat R einen Einfuhr-Versandhandel in Österreich zu versteuern, weil der Ort der Lieferung gemäß § 3 Abs. 8a lit. a UStG 1994 im Inland liegt. Die Regelungen für den innergemeinschaftlichen Versandhandel ( Art. 3 Abs. 3 UStG 1994) kommen - unabhängig von der Höhe der Umsätze des Unternehmers - nicht zur Anwendung. Bis 30.6.2021 bestimmt sich der Lieferort nach Art. 3 Abs. 3 UStG 1994: Hat R die Lieferschwelle in Höhe von 35.000 Euro entweder im Vorjahr oder im laufenden Jahr überschritten oder auf deren Anwendung verzichtet, liegt der Ort der Lieferung in Österreich.

Beispiel 2:

Angabe wie Beispiel 1, allerdings beträgt der Einzelwert der Sendung 50 Euro und die Ware wird gemäß Art. 221 Abs. 4 UZK-IA (zollrechtliches "Versandverfahren") in Österreich zum freien Verkehr abgefertigt.

Lösung:

In diesem Fall wird in Österreich ein Einfuhrtatbestand gesetzt. Der Ort der Lieferung liegt gemäß § 3 Abs. 9 UStG 1994 in Österreich. Die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung sowie § 3 Abs. 8a lit. a UStG 1994 kommen in beiden Fällen nicht zur Anwendung (vgl. auch Rz 451).

Nimmt R ab 1.7.2021 den IOSS in Anspruch und erklärt den Umsatz über diesen, liegt ein Einfuhr-Versandhandel gemäß § 3 Abs. 8a lit. b UStG 1994 vor und die Lieferung ist in Österreich steuerbar. Diesfalls ist die Einfuhr gemäß § 6 Abs. 4 Z 9 UStG 1994 steuerfrei.

103.3.3. Rechtsfolgen

3717Die Lieferung gilt dort als ausgeführt, wo die Versendung oder Beförderung endet. Die Lieferung ist im jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat steuerbar und steuerpflichtig. Der inländische Lieferer muss die entsprechenden umsatzsteuerlichen Bestimmungen des anderen Mitgliedstaates erfüllen. Der Lieferer muss sich somit im anderen Mitgliedstaat erfassen lassen und benötigt in den meisten Mitgliedstaaten auch einen Fiskalvertreter (siehe Rz 3526 bis Rz 3536). Ab 1.7.2021 besteht unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, alle innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze über den EU-OSS ( Art. 25a UStG 1994) in einem einzigen Mitgliedstaat zu erklären. Diesfalls fällt die Registrierungsverpflichtung in anderen Mitgliedstaaten weg. Siehe Rz 4297 ff.

3718Ausländische Lieferer, die unter die Regelung für innergemeinschaftlichen Versandhandel fallen, müssen sich in Österreich steuerlich erfassen lassen. Alternativ können die Umsätze ab 1.7.2021 - bei Vorliegen der Voraussetzungen - über den EU-OSS ( Art. 25a UStG 1994) erklärt werden. Siehe Rz 4297 ff.

103.3.4. Besonderheiten

  • Handelt es sich beim Lieferer um einen ausländischen Unternehmer im Sinne des § 27 Abs. 4 UStG 1994 und tätigt er innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze an Schwellenerwerber, die Unternehmer sind (Kleinunternehmer, pauschalierte Landwirte, Unternehmer mit unecht befreiten Umsätzen) oder an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die ihrerseits die Erwerbsschwelle nicht überschritten oder auf die Erwerbsschwelle nicht verzichtet haben, so haben diese Empfänger die auf die Lieferung entfallende Umsatzsteuer einzubehalten und an das für den Lieferer zuständige Finanzamt (Dienststelle Graz-Stadt) abzuführen (siehe auch Rz 3731). Dies gilt seit 1.7.2021 nicht, wenn eine Sonderregelung gemäß § 25b UStG 1994 oder Art. 25a UStG 1994 oder eine vergleichbare Sonderregelung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommen wird.

  • Gemäß Art. 11 Abs. 1 UStG 1994 hat der liefernde Unternehmer für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze Rechnungen auszustellen, wenn der Umsatz im Inland als ausgeführt gilt. Die Möglichkeit zur Ausstellung von Kleinbetragsrechnungen ist ausgeschlossen ( Art. 11 Abs. 5 UStG 1994).

  • Die Kleinunternehmerregelung (siehe Rz 994) ist nicht auf ausländische Unternehmer anzuwenden.

  • Der ausländische Unternehmer hat Aufzeichnungen gemäß § 18 UStG 1994 zu führen und benötigt - sofern er im Gemeinschaftsgebiet weder Wohnsitz, Sitz oder Betriebsstätte hat und die Umsätze auch nicht über den EU-OSS erklärt - einen Fiskalvertreter (siehe Rz 3526 bis Rz 3536).

103.3.5. Verlagerung des Lieferortes

3720Die Versandhandelsregelung sieht eine besondere, von § 3 UStG 1994 abweichende Bestimmung des Ortes der Lieferung für die Fälle vor, in denen der Lieferer

  • Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet und

  • der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat.

Die Lieferung gilt in den von Art. 3 Abs. 3 bis 7 UStG 1994 erfassten Fällen dann dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet.

Randzahlen 3721 bis 3730: derzeit frei.

103.4. Abnehmerkreis im innergemeinschaftlichen Versandhandel

3731Die Bestimmung kommt dann zur Anwendung, wenn der Abnehmer

  • nicht Unternehmer ist (außer der Abnehmer ist eine juristische Person, die die Erwerbsschwelle überschreitet oder auf ihre Anwendung verzichtet), oder

  • Unternehmer ist, der den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwirbt.

Die Bestimmung kommt weiters zur Anwendung, wenn der Abnehmer

  • Unternehmer ist und nur unecht befreite Umsätze (zB Banken und Ärzte) ausführt, oder

  • Kleinunternehmer (nach den Vorschriften des Bestimmungsstaates) oder

  • pauschalierter Landwirt ist,

und weder die Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet.

103.5. Lieferort bei Versand durch Kleinstunternehmer (seit 1.7.2021)

3732Für Kleinstunternehmer iSd Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 gilt die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung nur, wenn sich dieser für deren Anwendung entscheidet. Nimmt der Kleinstunternehmer die innergemeinschaftliche Versandhandelsregelung nicht in Anspruch, entfällt die Registrierung im Bestimmungsland, weil die Umsätze im Ursprungsland zu versteuern sind.

Die Kleinstunternehmerregelung gilt für Unternehmer, die

  • ihr Unternehmen in einem Mitgliedstaat betreiben und außerhalb dieses Mitgliedstaats keine Betriebsstätte haben,

  • Waren in einen anderen Mitgliedstaat liefern und

  • die maßgebliche Umsatzgrenze für bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen in Höhe von 10.000 Euro nicht überschreiten.

3733Die Umsatzgrenze berechnet sich aus dem Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze ins übrige Gemeinschaftsgebiet zuzüglich der Umsätze für elektronisch erbrachte sonstige Leistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Nichtunternehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ( Art. 3a Abs. 5 UStG 1994).

Beispiel 1:

Die Unternehmerin U betreibt ihr Unternehmen im Inland und verfügt über keine Betriebsstätten in anderen Mitgliedstaaten. Im Jahr 2021 führt U nur Lieferungen innerhalb von Österreich aus. Von Jänner bis August 2022 erzielt U innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze, bei denen der Beginn der Beförderung oder Versendung im Inland liegt, in folgender Höhe:

    • nach Deutschland: 5.000 Euro

    • nach Frankreich: 4.900 Euro

Am 4.11.2022 führt U zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Versandhandel iHv 200 Euro an einen Konsumenten in Frankreich aus.

Lösung:

Im Jahr 2021 erzielte U nur Umsätze innerhalb von Österreich und überschreitet die Umsatzgrenze für Kleinstunternehmer daher nicht. Im Jahr 2022 ist U bis zum Überschreiten der Umsatzgrenze noch als Kleinstunternehmer gemäß Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 zu behandeln. Der Lieferort für die bis zum Überschreiten der Umsatzgrenze ausgeführten innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze liegt gemäß § 3 Abs. 8 UStG 1994 am Beginn der Beförderung bzw. Versendung, dh. in Österreich.

Mit dem Verkauf der Ware um 200 Euro am 4.11.2022 überschreitet U die Umsatzgrenze und ist für die ab diesem Zeitpunkt ausgeführten Umsätze nicht mehr als Kleinstunternehmer zu behandeln. Der Lieferort für die ab dem Zeitpunkt des Überschreitens der Umsatzgrenze ausgeführten innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze liegt daher gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 in jenem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung bzw. Versendung endet. Dies gilt auch für den im November ausgeführten innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsatz iHv 200 Euro.

Beispiel 2:

Im Jahr 2021 erzielt der österreichische Versandhändler V innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze iHv 200.000 Euro. Im Jahr 2022 führt V innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze nach Deutschland aus.

Lösung:

V ist im Jahr 2022 nicht als Kleinstunternehmer zu behandeln, weil die Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 lit. c UStG 1994 bereits im vorangegangenen Jahr überschritten wurde. Der Lieferort aller im Jahr 2022 ausgeführten innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze liegt daher gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 am Ende der Beförderung bzw. Versendung, dh. in Deutschland.

Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 gilt nicht für Lieferungen, bei denen der Beginn der Beförderung oder Versendung in einem anderen Mitgliedstaat liegt als jenem, in dem der Unternehmer ansässig ist. Lieferungen, die aus einem anderen Mitgliedstaat als dem Ansässigkeitsstaat befördert oder versendet werden, sind daher nicht bei der Berechnung der Kleinstunternehmergrenze zu berücksichtigen.

Beispiel 3:

Der nur in Österreich niedergelassene Unternehmer B führt im Jahr 2022 innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen in folgender Höhe aus:

    • von Österreich in andere Mitgliedstaaten: 9.000 Euro,

    • von seinem Fremdlager in Deutschland nach Österreich: 3.000 Euro und

    • von einem Fremdlager in Deutschland nach Frankreich: 5.000 Euro.

Im vorangegangenen Jahr führte B keine Umsätze aus.

Lösung:

Für Zwecke der Berechnung der Umsatzgrenze nach Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 sind nur die Umsätze von Österreich in andere Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, dh. in Höhe von insgesamt 9.000 Euro. B ist daher Kleinstunternehmer. Sofern B nicht auf die Anwendung der Regelung für Kleinstunternehmer verzichtet, liegt der Lieferort der innergemeinschaftlichen Versandhandelslieferungen von Österreich in die anderen Mitgliedstaaten gemäß § 3 Abs. 8 UStG 1994 am Beginn der Beförderung oder Versendung, dh. in Österreich.

Der Lieferort der innergemeinschaftlichen Versandhandelslieferungen vom deutschen Fremdlager nach Österreich bzw. nach Frankreich liegt gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 am Ende der Beförderung oder Versendung.

Der Unternehmer kann innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum, in dem erstmals ein Versandhandel bewirkt wurde, auf die Anwendung des Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 verzichten. Siehe sinngemäß Rz 3919.

Zum Ausschluss der Versandhandelsregelung bei Anwendung der Differenzbesteuerung siehe Rz 4251.

Randzahlen 3734 bis 3740: derzeit frei.

103.5a. Lieferschwelle (bis 30.6.2021)

103.5a.1. Lieferschwellen der Mitgliedstaaten (Stand 1. Juli 2019)

3741


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Mitgliedstaat
Währung
Lieferschwelle
(Euroäquivalent)1
Belgien
Euro
35.000,00
Bulgarien
BGN
70.000,00 (35.791,00 €)
Dänemark
DKK
280.000,00 (37.510,00 €)
Deutschland
Euro
100.000,00
Estland
Euro
35.000,00
Finnland
Euro
35.000,00
Frankreich
Euro
35.000,00
Griechenland
Euro
35.000,00
Irland
Euro
35.000,00
Italien
Euro
100.000,00
Kroatien
HRK
270.000,00 (36.501,00 €)
Lettland
Euro
35.000,00
Litauen
Euro
35.000,00
Luxemburg
Euro
100.000,00
Malta
Euro
35.000,00
Niederlande
Euro
100.000,00
Österreich
Euro
35.000,00
(bis 31.12.2010: 100.000,00)
Polen
PLN
160.000,00 (37.712,00 €)
Portugal
Euro
35.000,00
Rumänien
RON
118.000,00 (25.305,00 €)
Schweden
SEK
320.000,00 (30.346,00 €)
Slowakei
Euro
35.000,00
Slowenien
Euro
35.000,00
Spanien
Euro
35.000,00
Tschechien
CZK
1,140.000,00 (44.744,00 €)
Ungarn
HUF
35.000,00 €2
Vereinigtes Königreich
GBP
70.000,00 (78.022,00 €)
Zypern
Euro
35.000,00

1 Euroäquivalente iHd von der Europäischen Zentralbank für 1. Juli 2019 veröffentlichten Euro-Umrechnungskurse

2 Angabe in Euro aufgrund ausdrücklicher Regelung in Ungarn

3 Die Übergangsfrist für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU endet am 31.12.2020. Siehe hierzu Rz 146 und 148.

103.5a.2. Überschreiten der Lieferschwelle

3742Die Lieferschwelle wird in Österreich überschritten, wenn

  • im Vorjahr der Gesamtbetrag der Entgelte eines Lieferers die Lieferschwelle überschritten hat oder

  • im laufenden Jahr mit einer Lieferung die Lieferschwelle überschritten wird, und zwar mit dieser Lieferung (siehe auch Rz 3628 bis Rz 3635 zur Erwerbsschwelle).

3743Für Versandhandelslieferungen österreichischer Unternehmer ist die Lieferschwelle des jeweiligen Bestimmungslandes maßgeblich, wobei die Berechnung für jeden Mitgliedstaat gesondert vorzunehmen ist.

103.5a.3. Berechnung der Lieferschwelle

103.5a.3.1. Allgemein

3744Die maßgebliche Lieferschwelle berechnet sich nach dem Gesamtbetrag der Entgelte (siehe Rz 643 bis Rz 650) ohne Umsatzsteuer, bezogen auf die Lieferungen in dem jeweiligen Mitgliedstaat.

Die Berechnung der Lieferschwelle ist für jeden Mitgliedsstaat gesondert vorzunehmen.

Es sind allerdings nur die Umsätze nach der Versandhandelsregelung zu berücksichtigen. Innergemeinschaftliche Lieferungen bleiben daher außer Ansatz. Ebenfalls nicht einzubeziehen sind die Entgelte für die Lieferung neuer Fahrzeuge und für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren.

Ob die Lieferschwelle nach den vereinbarten oder den vereinnahmten Entgelten zu berechnen ist, richtet sich nach den Voraussetzungen beim liefernden Unternehmer, es hängt also davon ab, ob dieser Ist- oder Sollversteuerer ist (siehe Rz 2451 bis Rz 2506).

103.5a.3.2. Differenzbesteuerung

3745Unterliegt die Lieferung der Differenzbesteuerung gemäß § 24 UStG 1994, ist die Anwendung der Versandhandelsregelung ausgeschlossen (Art. 24 Abs. 3 UStG 1994). Auch für die Berechnung der Lieferschwelle sind daher die Umsätze aus differenzbesteuerten Umsätzen außer Ansatz zu lassen.

Randzahlen 3746 bis 3755: derzeit frei.

103.6. Verzicht auf Lieferschwelle (bis 30.6.2021)

3756Der Unternehmer kann innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum, in dem erstmals eine Versandhandelslieferung bewirkt wurde, auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten. Der Unternehmer hat den Verzicht bei Versandhandelsumsätzen von Österreich in das übrige Gemeinschaftsgebiet schriftlich bei seinem österreichischen Finanzamt einzubringen. Der Verzicht kann für jeden Mitgliedstaat gesondert abgegeben werden.

Durch den Verzicht verlagert sich der Ort der Lieferung unabhängig von der Höhe der ausgeführten Umsätze bereits ab dem ersten Umsatz in das Bestimmungsland.

Randzahlen 3757 bis 3765: derzeit frei.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
05.12.2022
Betroffene Normen:
Art. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 5 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 5 lit. c UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte:
innergemeinschaftliche Lieferung - Versandhandel - Versandhandelsregelung - Versendung oder Beförderung - Warenbewegung - Bestimmungsmitgliedstaat - Fiskalvertreter - Schwellenerwerber - Abnehmer - Erwerbsschwelle - unecht befreite Umsätze - unecht befreiter Umsatz - Kleinunternehmer - pauschalierter Landwirt - Lieferschwelle - Vorjahr - laufendes Jahr - Gesamtbetrag der Entgelte - Differenzbesteuerung - Verzicht auf Lieferschwelle - Bestimmungsland
Stammfassung:
09 4501/58-IV/9/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAA-76462