Richtlinie des BMF vom 19.07.2018, BMF-010200/0019-IV/1/2018
4. Besteuerung von laufenden Erträgen aus Immobilienfonds sowie Gewinnen aus der Veräußerung von Immobilienfondsanteilen
4.1. Anteile im Privatvermögen
4.1.1. Unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen

4.1.1.5. Besteuerung von Gewinnen/Verlusten aus der Veräußerung von Anteilscheinen an einem Immobilienfonds

4.1.1.5.1. Allgemeines

428Mit Inkrafttreten des BBG 2011 am 1.4.2012 erfolgte eine Ausweitung der Besteuerung auf realisierte Substanzgewinne von Kapitalanlagen ( § 27 Abs. 3 EStG 1988). Danach ist auch im Privatvermögen die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd § 27 Abs. 2 EStG 1988 darstellen, unabhängig von der Behaltedauer und der Beteiligungshöhe, steuerpflichtig. Für Immobilienfondsanteile, die von natürlichen Personen in deren Privatvermögen gehalten werden, bedeutet dies, dass es neben der schon bisher bestehenden Besteuerung der laufenden Erträge (Bewirtschaftungsgewinne, Aufwertungsgewinne und Wertpapier- und Liquiditätsgewinne) zusätzlich zu einer Besteuerung des realisierten Wertzuwachses anlässlich der Veräußerung kommt. Bei inländischen Immobilienfonds stellt die Rücknahme eines Fondsanteilscheins den üblichen Fall einer Veräußerung dar, wobei in diesem Fall der Rücknahmepreis den Veräußerungspreis darstellt.

429Gemäß § 40 Abs. 3 ImmoInvFG unterliegen realisierte Wertsteigerungen bei Veräußerung eines Immobilienfondsanteilscheins ab 1.4.2012 der Besteuerung gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988. Dies gilt jedoch nur für Fondsanteilscheine, die nach dem 31.12.2010 angeschafft wurden ( § 124b Z 185 lit. a dritter Teilstrich EStG 1988, § 44 Abs. 6 ImmoInvFG). Mit der Besteuerung der Veräußerung eines Fondsanteilscheins im außerbetrieblichen Bereich werden nunmehr auch auf Fondsebene nicht realisierte Wertsteigerungen/Wertverluste steuerlich erfasst.

430Die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einem Immobilienfonds unterliegen bei einer Veräußerung nach dem 31.3.2012 dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 27,5%. Dies gilt nicht für nicht öffentlich begebene Anteile an Immobilienfonds (siehe Rz 388). Erfolgt die Veräußerung eines Anteils an einem Immobilienfonds durch einen Privatanleger vor dem 1.4.2012, sind die dabei erzielten Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 idF vor BBG 2011 zu erfassen, wobei für nach dem 31.12.2010 und vor dem 1.4.2012 angeschaffte Fondsanteilscheine die Spekulationsfrist bis 31.3.2012 verlängert wurde ( § 124b Z 184 erster Teilstrich EStG 1988 idF AbgÄG 2011).

431Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung bildet der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis (Rücknahmepreis) eines Anteils an einem Immobilienfonds und dessen Anschaffungskosten ( § 27a Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988). Bei Anschaffung eines Anteilscheins an einem Immobilienfonds ist vom Erwerber in der Regel ein Ausgabeaufschlag zu leisten. Dieser erhöht als Anschaffungsnebenkosten nicht die Anschaffungskosten des Fondsanteils (siehe EStR 2000 Rz 6106).

432Um eine Doppelbesteuerung bei der Veräußerung eines Fondsanteils zu verhindern, sind nach § 40 Abs. 3 ImmoInvFG die Anschaffungskosten eines Fondsanteilscheins um bereits der Besteuerung unterworfene ausschüttungsgleiche Erträge sowie um Erträge, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei sind, zu erhöhen. Durch die Erhöhung der Anschaffungskosten wird der steuerliche Gewinn aus der Veräußerung des Fondsanteilscheines vermindert.

433Steuerfreie tatsächliche Ausschüttungen (inklusive Erträge, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei sind) und ausbezahlte Kapitalertragsteuer vermindern die Anschaffungskosten eines Fondsanteilscheines und erhöhen damit bei dessen späterer Veräußerung den steuerlichen Gewinn.

434Zu den Daten zur Modifizierung der Anschaffungskosten bei Melde- und Nichtmeldefonds siehe Abschnitt 3.1.1.5.2. und Abschnitt 3.1.1.5.3.

Zur Ermittlung der Anschaffungskosten von auf ein und demselben Depot befindlichen Investmentfondsanteilen mit derselben ISIN-Nr., deren Anschaffung zu unterschiedlichen Zeitpunkten und zu unterschiedlichen Anschaffungskosten erfolgt, siehe Abschnitt 3.1.1.5.4.

Zur Stichtagsbewertungsvorschrift gemäß § 124b Z 185 EStG 1988 sowie dem Ansatz der Anschaffungskosten nach der WP-Anschaffungskosten-VO siehe Abschnitt 3.1.1.5.5.

Zur pauschalen Wertermittlung der Anschaffungskosten gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 siehe Abschnitt 3.1.1.5.6.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
19.07.2018
Betroffene Normen:
§ 27 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 40 Abs. 3 ImmoInvFG, Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003
§ 124b Z 185 lit. a dritter Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 44 Abs. 6 ImmoInvFG, Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003
§ 27a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 184 erster Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27a Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 185 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
WP-Anschaffungskosten-VO, BGBl. II Nr. 94/2012
§ 93 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Veräußerung von Anteilscheinen - Ausgabeaufschlag - Anschaffungsnebenkosten
Stammfassung:
BMF-010200/0019-IV/1/2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAA-76452