Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2023, RV/4100148/2021

Wiederaufnahme nach Betriebsprüfung der Vorjahre

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ALPEN-ADRIA Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, August-Jaksch-Straße 2, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich je vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren bezüglich der Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2015 bis 2018 sowie betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2015-2019 (Steuernummer ***BF1StNr1*** )

I. beschlossen:

1. Die Beschwerde vom gegen die Bescheide je vom die Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO die Jahre 2015-2019 betreffend wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde vom gegen die Bescheide die Wiederaufnahme der Verfahren bezüglich der Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2015 bis 2018 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist - letztlich - noch die Frage strittig, ob die (amtswegige) Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO in den Streitjahren 2015 bis 2018 zu Recht erfolgt ist.

Bei der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) fand im Jahr 2016 eine Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO auch in Bezug auf die einheitliche Gewinnfeststellung 2012-2014 statt; dabei monierte der Prüfer ua die beabsichtigte Abschreibung des Firmenwertes.

Die belangte Behörde schloss sich dem Ergebnis der Betriebsprüfung an, nahm mit Bescheid vom das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften für das Jahr 2014 wieder auf und erlies in einem einen neuen Feststellungsbescheid 2014 ohne Berücksichtigung der in der Steuererklärung beantragten Sonderbetriebsausgabe "Abschreibung Firmenwert" iHv € xxxxxx. Gegen diese Bescheide erhob die steuerliche vertretene Bf. am das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die Firmenwertabschreibung rechtens sei. Aufgrund der - die Rechtsansicht der Bf. verneinenden - Entscheidung des , zog sie die Beschwerde das Jahr 2014 betreffend am zurück.

Am (für 2015), (für 2016), (für 2017) bzw. (für 2018) wurden die Einkünfte der Bf. antragsgemäß - ohne weitere Prüfung - nach § 188 BAO für die in Klammer genannten Jahre festgestellt und de facto die Firmenwertabschreibung weiterhin gewährt.

Am langte beim (vormaligen) Finanzamt Klagenfurt eine sog. "Kontrollmitteilung" des (vormaligen) Finanzamtes Salzburg Land in dem auf die Abschreibung des Firmenwertes hingewiesen wurde, ein.

Infolgedessen nahm die belangte Behörde mit Bescheiden vom die Verfahren die Feststellung der Einkünfte die Jahre 2015-2018 betreffend wieder auf und versagte in der Folge die - in den Erklärungen enthaltene - Firmenwertabschreibung mit ebenfalls am gleichen Tag erlassenen Sachbescheiden für 2015-2019.

Mit Schriftsatz vom erhob die Bf. gegen sämtliche vorgenannten Bescheide Beschwerde und führte einerseits zur Wiederaufnahme der Verfahren aus, dass diese zu Unrecht erfolgt wäre, da die belangte Behörde bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der (aufgehobenen) Erstbescheide aufgrund der Ausführungen im Bp-Bericht "…Natürlich davon ausgehen (musste), dass die strittige Firmenwertabschreibung auch in den Jahren nach 2014 geltend gemacht werden wird, hat doch die Betriebsprüfung die Restnutzungsdauer mit den Jahren 2014 bis 2014 festgehalten….(…). Dies umso mehr, als die für die Apofin Beteiligung GmbHgeltend gemachten Sonderbetriebsausgaben in den Jahren 2014 bis 2019 unverändert € xxxxxx betragen haben. Es sind deshalb durch die Kontrollmitteilung des Finanzamtes Salzburg-Land keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden." Schließlich monierte die Bf. weiters, dass die Versagung der Abschreibung unrichtig sei und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am wurden sämtliche Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen; mit weiterem Schreiben vom begehrte die Bf. die Vorlage der Beschwerden an das Verwaltungsgericht, dem die belangte Behörde am nachkam.

Mit Beschluss vom wurde die Bf. aufgefordert mitzuteilen, ob die Beschwerden rücksichtlich der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des zur GZ Ra 2020/15/0020 - mit dem im Wesentlichen die Rechtsansicht der belangten Behörde zur Frage der Zulässigkeit der Firmenwertabschreibung bestätigt wurde - aufrechterhalten werden.

Am zog die Bf. die Beschwerden gegen die Feststellungsbescheide zurück bzw. hielt hingegen jene gegen die Wiederaufnahmebescheide - unter gleichzeitiger Zurückziehung des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung - aufrecht.

Mit Schreiben vom teilte die Bf. auf Nachfrage des Gerichtes mit, dass die Firmenwertabschreibung in den Sonderbetriebsausgaben der Kommanditistin (Formular E 6a) dargestellt gewesen sei; in der etwa beispielhaft für das Jahr 2018 vorgelegten Erklärung sei in den geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben iHv € xxxxxx die Firmenwertabschreibung iHv € xxxxxx enthalten gewesen. Am selben Tag führte die belangte Behörde aus, dass die Abschreibung rein aus den angesprochenen Kennzahlen der Erklärungen nicht ersichtlich gewesen sei.

II. Sachverhalt

Die Bf. ist eine 2008 gegründete Kommanditgesellschaft, die eine öffentliche Apotheke betreibt. Als Kommanditistin fungierte die (vor 2007 gegründete) XYZ Beteiligungs GmbH (im Folgenden kurz: Kapitalgesellschaft oder Kommanditistin), die in den Jahren vor 2014 gemäß § 5 Z 14 iVm § 6b KStG 1988 steuerbefreit war; Komplementär war in den Streitjahren der Apotheker X. Die Kapitalgesellschaft hatte ihre Beteiligung - sie entspricht einer 49%igen Beteiligung am Vermögen der KG - entgeltlich erworben. Im Zuge der im Jahr 2016 bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO die einheitliche Gewinnfeststellung 2012-2014 betreffend, traf der Prüfer nachfolgende Feststellung (Tz 8):

[...]

Folglich wurde das Feststellungsverfahren für das Prüfungsjahr 2014 (das hier nicht verfahrensgegenständlich ist) wiederaufgenommen und mit Bescheid vom ein neuer Sachbescheid - durch das behördeninterne zuständige BV-26 Team - unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Betriebsprüfung erlassen.

Am (für 2015), (für 2016), (für 2017) bzw. (für 2018) langten bei der belangten Behörde je Anträge auf Gewinnfeststellung für die in Klammer genannten Jahre - dies jedoch jeweils unter Beibehaltung der im Bp-Bericht vom monierten Abschreibung für den Firmenwert iHv jährlich € xxxxxx - ein; datierend mit (für 2015), (für 2016), (für 2017) bzw. (für 2018) wurden die Einkünfte der Bf. nach § 188 BAO für die in Klammer genannten Jahre antragsgemäß (sohin unter Gewährung der vorgenannten Abschreibung) - erneut durch das BV-Team 26 - festgestellt. Aus den bei der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Gewinnfeststellung eingereichten Unterlagen war jedoch nicht sofort erkennbar, dass die Firmenwertabschreibung - trotz der Ausführungen der Betriebsprüfung für das Jahr 2014 - fortgeführt worden war.

Mit Kontrollmitteilung vom des (vormaligen) Finanzamtes Salzburg Land an das (vormalige) Finanzamt Klagenfurt (BV-Team 26) wurde letzteres über nachfolgende Umstände in Kenntnis gesetzt:

[...]

Aufgrund dieser Ausführungen nahm die belangte Behörde (BV-Team 26) die Verfahren die Gewinnfeststellung die Jahre 2015 bis 2018 betreffend - nach Durchführung weiterer Ermittlungen im Zusammenhang mit der Abschreibung des Firmenwertes - am wieder auf und erließ mit selben Datum neue Sachverscheide; weiters erging am der (Erst)Festellungsbescheid der Einkünfte das Jahr 2019 betreffend.

Gegen sämtliche Bescheide erhob die Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte - nach abweisenden Beschwerdevorentscheidungen - jeweils deren Vorlage an das Verwaltungsgericht.

Am zog die Bf. die Beschwerden gegen die Feststellungsbescheide zurück bzw. hielt jene gegen die Wiederaufnahmebescheide 2015-2018 - unter gleichzeitiger Zurückziehung des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung - aufrecht.

III. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Bf. gehen aus dem offenen Firmenbuch bzw. den dort hinterlegten Urkunden hervor. Der Gang des Verfahrens, sowie die Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung ua das Jahr 2014 betreffend wurden dem vorgelegten Verwaltungsakt bzw. dem elektronischen Veranlagungsakt der Bf. entnommen und ist im Übrigen zwischen den Parteien unstrittig.

Dass aus den den Erstveranlagungen zugrundeliegenden von der Bf. der belangten Behörde übermittelten Unterlagen die Abschreibung des Firmenwertes nicht sofort entnehmbar war, geht aus den Ausführungen der Bf. selbst in ihrem Mail vom hervor: Demnach war die Abschreibung in den - noch andere Positionen umfassenden - Sonderbetriebsausgaben der Kommanditistin mit einer Gesamtsumme enthalten und gerade nicht gesondert dargestellt oder ausgewiesen, sodass die Geltendmachung dieser Position der belangten Behörde nicht ins die Augen fallen musste (vgl. dazu etwa Beilage E 6a das Jahr 2018 betreffend: darin werden gesamte Sonderbetriebsausgaben von € xxxxxx,00 geltend gemacht). Tatsächlich hätte sie die strittige Abschreibung nur durch ein gezieltes Nachfragen bei der Bf. nach Einreichung der Erklärungen aufklären können, da dieser Umstand - wie die belangte Behörde richtig ausführt - rein aus den angesprochenen Kennzahlen nicht erkennbar war (was nicht einmal die Bf. bestreitet).

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

a. Zu Spruchpunkt I. (Gegenstandloserklärung Sachbescheide)

Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.

Da die beschwerdeführende Partei mit Anbringen vom die Beschwerde die Bescheide gegen die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2015-2019 betreffend zurückgezogen hat, war diese gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.

b. Zu Spruchpunkt II. (Abweisung Wiederaufnahme)

Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (; , 99/13/0253; , 97/14/0036; , 99/15/0120, , 2001/13/0135; , 2008/15/0049) ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das "Neuhervorkommen" von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinne des § 303 Abs 4 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (, , Ra 2019/13/0102 mwN; vgl dazu auch Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 303 Anm 16 mit weiteren Ausführungen). Dass bei der Beurteilung, ob eine Tatsache iSd § 303 Abs 1 lit b BAO bei amtswegiger Wiederaufnahme des Verfahrens für die Behörde neu hervorgekommen ist, auf den Wissenstand der zuständigen Veranlagungsabteilung ("abgabenfestsetzende Stelle") abzustellen ist und nicht auf den Wissensstand der Abgabenbehörde in ihrer Gesamtheit, kann nunmehr als gefestigte Rechtsprechung betrachtet werden (vgl kürzlich, eine dahingehende Revision ebenfalls bereits zurückweisend, ). Überdies ist darauf hinzuweisen, dass ein allfälliges Verschulden der abgabenfestsetzenden Stellen an der Nichtausforschung des Sachverhaltes die amtswegige Wiederaufnahme nicht ausschließt (zB ).

All diese gesetzlichen und judikativen Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin für den gegenständlichen Fall nachfolgendes Bild: Die abgabenfestsetzende Stelle - auf deren Wissenstand es nach dem soeben dargelegten einzig ankommt - war im Streitfall das Betriebsveranlagungsteam (BV) 26 am Standort Klagenfurt. Für das BV-Team 26 war zu den Zeitpunkten der Erstveranlagung der Einkünfte aus den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu einer Fortführung der Abschreibung des Firmenwertes - wie im BP-Bericht für das Jahr 2014 moniert - gekommen ist. Die Bf. hat nämlich weder in einem Begleitschreiben zu den Erklärungen noch in einer anderen geeigneten Form auf diesen Umstand bei Einreichung hingewiesen. Nachdem es auf den Wissenstand des jeweiligen Veranlagungsjahres und Veranlagungsverfahrens ankommt, und - nach der zuvor dargelegten Judikatur - eben nicht auf andere Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, kann auch der Einwand der Bf., wonach die belangte Behörde "davon ausgehen (musste), dass die strittige Firmenwertabschreibung auch in den Jahren nach 2014 geltend gemacht werden wird" nicht überzeugen; schließlich obliegt es dem Abgabepflichtigen, im Rahmen der jeweiligen Abgabenerklärungen (der zuständigen Stelle) alle für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände bekannt zu geben ( unter Hinweis auf § 119 BAO). Fakt ist, dass für das BV-Team 26 zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide aufgrund der eingereichten Unterlagen eben gerade nicht erkennbar war, dass die Firmenwertabschreibung fortgeführt wurde; ihr waren sohin nicht alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt. Selbst wenn man - aus welchen Gründen auch immer - der belangten Behörde die Pflicht unterstellen würde, dass sie aufgrund des Prüfungsergebnisses des Vorjahres zumindest weitere Sachverhaltsermittlungen hätte durchführen müssen, so läge darin kein die Wiederaufnahme nach der Judikatur ausschließbares Versäumnis vor. Tatsächlich kam das Faktum der Firmenwertabschreibung auch in den hier strittigen Jahren erst aufgrund der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als Produkt der Kontrollmitteilung des (vormaligen) Finanzamtes Salzburg-Land vom hervor, sodass der Tatbestand einer Wiederaufnahme gegeben ist.

Die Verfügung der Wiederaufnahme liegt im Ermessen (Ritz, BAO6, § 303 Tz 62 mwN). Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (Ritz, aaO, § 20 Tz 5). Von zentraler Bedeutung für die Ermessensübung ist die Berücksichtigung des Zweckes der Ermessen einräumenden Norm. Zweck des § 303 BAO ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Wiederaufnahme letztlich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde (Ritz, aaO, § 303 Tz 67 mwN). Wiederaufnahmen werden idR nicht zu verfügen bzw zu bewilligen sein, wenn die steuerlichen Auswirkungen bloß (absolut und relativ) geringfügig sind (Ritz, aaO, § 303 Tz 71). Der Grundsatz der Sparsamkeit der Verwaltung spricht weiters dafür, die allfällige Uneinbringlichkeit der Abgabennachforderungen in die Ermessensüberlegungen miteinzubeziehen. Wäre nach Lage des Falles die Einhebung der aus einer Wiederaufnahme sich ergebenden Nachforderung zur Gänze unbillig iSd § 236, so wird idR keine derartige Wiederaufnahme zu verfügen sein. Eine solche Unbilligkeit kann sich vor allem wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben ergeben. Die Beurteilung eines Verhaltens der Behörde als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben setzt einerseits voraus, dass ein Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen ist, und andererseits, dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat ().

Von all dem kann im Beschwerdefall jedoch nicht die Rede sein. Nicht nur, dass die Bf. keinerlei Vorbringen zu einer von der belangten Behörde unrichtig vorgenommenen Ermessensausübung erstattet hat, kann weder von einer geringfügigen Auswirkung noch einer Unbilligkeit bzw. (drohenden) Uneinbringlichkeit ausgegangen werden. Ein Schutz durch den Grundsatz von Treu und Glauben scheidet aufgrund des vorliegenden, zeitlich älteren, Betriebsprüfungsberichtes das Jahr 2014 betreffend, ohnedies aus.

Für die Verfügung der Wiederaufnahme spricht - wie die belangte Behörde richtig in den angefochtenen Bescheiden ausführt - daher, insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit.

Bei Abwägung der Gründe überwiegen die für die Wiederaufnahme sprechenden Gründe eindeutig. Das Ermessen ist daher in diesem Sinne zu üben. Die Wiederaufnahme der Verfahren die Jahre 2015-2018 betreffend erfolgte daher insgesamt zu Recht.

c. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu Spruchpunkt I: Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Zu Spruchpunkt II: Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor; das Gericht hat sich an der ohnedies zitierten höchstgerichtlichen Judikatur orientiert, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Firmenwertabschreibung Fortführung
neue Tatsachen Vorjahres-Betriebsprüfung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100148.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at