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ZWF 3, Mai 2023, Seite 146

Nemo tenetur im Lichte des deutschen Besteuerungs- und Steuerstrafverfahrens

Melina Strunk

Der Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten (nemo tenetur se ipsum accusare) zählt in Deutschland und Österreich zu den rechtsstaatlichen Verfahrensgrundrechten. Im deutschen Besteuerungsverfahren unterliegt der Steuerpflichtige jedoch Erklärungs- und Mitwirkungspflichten gegenüber den Finanzbehörden, die ohne dessen Mitwirkung nicht in der Lage sind, die steuerliche Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Für den Steuerpflichtigen entsteht daraus folgendes Problem: Kommt er seinen abgabenrechtlichen Mitwirkungspflichten nach, macht er die Behörden auf seine Straftat aufmerksam und überführt sich entgegen dem Nemo-tenetur-Grundsatz selbst. Kommt er seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, hat dies im Besteuerungsverfahren nachteilige Konsequenzen für ihn. Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob und wie die steuerlichen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten im deutschen Recht mit dem Nemo-tenetur-Grundsatz zu vereinbaren sind. Im Anschluss erfolgt ein vergleichender Einblick in die österreichische Rechtslage.

1. Verfassungs- und völkerrechtliche Stellung des Nemo-tenetur-Grundsatzes

Das Recht eines Beschuldigten, nicht verpflichtet zu sein, gegen sich selbst Zeug...

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