Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2023, RV/2100778/2021

Diverse Feststellungen bei Betriebsprüfung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0056.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***Ri***, den Richter ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LR1*** und ***LRi2*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Elke Maria Theißl-Schulmeister, Weingebirge 3037, 7471 Rechnitz,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2011 - 2016, Umsatzsteuer 2012 - 2015 und Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 - 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2011 bis 2016, Umsatzsteuer 2012 bis 2015 und Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 bis 2015 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Bf., die ***Bf*** GmbH, ist im Bereich Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Waren tätig.

Gesellschafter der Bf. sind ***1*** ***Name*** mit einer Beteiligung von 25 % und ***2*** ***Name*** im Ausmaß von 75 %. Im Zeitraum von bis war ***1*** ***Name*** Geschäftsführer der GmbH. Vom bis übernahm Herr ***3*** die Geschäftsführung.

A. Außenprüfung

Im Zuge einer Außenprüfung der Jahre 2011-2016 (und USt-Nachschau 2017) hat das Finanzamt laut Bericht vom folgendes festgestellt:

1. Produktionshalle

In den Bilanzen 2013-2016 wurden laut Niederschrift zur Schlussbesprechung Aufwendungen iZm der Errichtung der Produktionshalle samt OG ausgewiesen. Die Kosten iZm dem Bau der Halle samt OG in Ort hätten insgesamt xx Euro betragen, wobei in der Buchhaltung keine Trennung in die auf die Halle und auf das OG entfallende Kosten vorgenommen wurde.

Laut Flächenwidmungsplan sei das Objekt in einem Betriebsgebiet errichtet worden, in dem nur gewerbliche Betriebsanlagen sowie die betriebsnotwendigen Verwaltungs- und Wohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden dürfen.

Die Bf. hätte laut undatiertem und nicht vergebührtem Mietvertrag die streitgegenständliche OG-Wohnung (rund 200 m2 Wohnfläche, 300 m2 Terrasse und zwei Garagenstellplätze) ab zu einem monatlichen Mietzins von ***m*** Euro an die beiden Gesellschafter vermietet. In den Mietkosten enthalten seien die monatliche Grundmiete, die Kosten für die Stellplätze und die Vorauszahlungen für Betriebskosten. Laut Mietvertrag sei die Miete einmal jährlich zum Ende des letzten Quartals fällig und auf das Konto des Vermieters zu überweisen. Dem Mieter sei ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt worden, während die Bf. auf ein Kündigungsrecht verzichtet habe. Eine Kündigung könne nur vom Mieter ausgesprochen werden. Diese habe schriftlich und unter Einhaltung einer 6-monatigen-Kündigungsfrist zu erfolgen.

Die Gesellschafter seien laut Zentralem Melderegister (ZMR) von - und von an der Adresse gemeldet gewesen.

Die Miete sei im Jahr 2015 über das Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers Herrn ***1*** ***Name*** gebucht/verrechnet worden. Im Jahr 2016 habe das Unternehmen keine Mieteinnahmen erklärt. Auch die Stromkosten seien von der Bf. getragen worden.

Das Finanzamt stellte in Bezug auf das Mietverhältnis ferner fest, dass im Mietvertrag nicht angeführt wurde, dass die Vermietung des OG möbliert erfolgte. Für die zur Verfügung Stellung des Mobiliars sei keine Miete in Rechnung gestellt worden.

Für die Überlassung der Einrichtungsgegenstände errechnete das Finanzamt einen monatlichen Möblierungszuschlag iHv 1.551.32 Euro. Der Mietvertrag würde auf Grund dieser Ausführungen laut Ansicht des Finanzamtes keinen Fremdvergleich standhalten.

Mit zahlreichen Verweisen auf die Judikatur vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass das OG zum außerbetrieblichen Vermögen der Bf. zähle. Dazu teilte das Finanzamt die Gesamterrichtungskosten von rund ab Euro im Schätzweg auf den Hallenbau (a als angemessener Betrag für die Errichtung einer Produktionshalle) und b Euro (= Restbetrag) für das OG auf. Daraus ergebe sich Folgendes:

- Das OG eigne sich nicht als Renditeobjekt, da es mit geschätzt b Euro aufwendig errichtet worden und als luxuriös zu bezeichnen sei. Außerdem sei es nach den persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen der Gesellschafter angefertigt worden. Dadurch bestünde ein hohes Risiko, Nachmieter für ein auf die Gesellschafter zugeschnittenes luxuriöses Wohnobjekt zu finden. Dies würde die Tatsache, dass die OG-Wohnung fast zwei Jahre hindurch leer gestanden ist, belegen. Das OG dürfe auf Grund der Widmung als "Bauland-Betriebsgebiet" ausschließlich von Betriebsangehörigen für Wohnzwecke genutzt werden und befinde sich zudem in einem geräuschintensiven Industriegebiet.

- Es sei keine betriebliche Veranlassung des OG gegeben, da es nur vorübergehend als Schauraum bzw. Modellwohnung verwendet worden sei. Bereits dem eingereichten Bauplan sowie diversen Zeitungsartikel zufolge sei eine Privatnutzung geplant gewesen.

- Seitens der Bf. sei der Nachweis, dass ein funktionierender Mietenmarkt für das errichtete Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung und in vergleichbarer Gediegenheit und Exklusivität mit vergleichbaren Kosten vorliegt, nicht erbracht worden.

- ein angekündigtes Gutachten über die Fremdüblichkeit des vertraglich festgelegten Mietzinses sei im Rahmen der Außenprüfung nicht vorgelegt worden.

Das Finanzamt errechnete aufgrund der Herstellungskosten von b Euro und der Monatsmiete von 1.800 Euro einen Renditezinssatz von 1,33 %. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach die vereinbarte Jahresmiete zwischen 3-5% der Herstellungskosten der Immobilie zu betragen hat, wurde festgestellt, dass die Höhe des vereinbarten Mietzinses eine fremdübliche Rendite nicht erreiche.

Das Finanzamt folgerte daraus, dass die den Gesellschaftern eingeräumten Gestaltungs- und Nutzungsrechte derart ausgeprägt seien, dass die Bf. trotz ihrer zivilrechtlichen Eigentümerstellung von der Nutzung des Mietobjektes ausgeschlossen sei und kein Herausgabeanspruch gegenüber den Gesellschaftern bestünde. Den Gesellschaftern würden positive und negative Befugnisse gleich eines zivilrechtlichen Eigentümers zukommen, was u.a. durch das im Mietvertrag eingeräumte lebenslange Wohnrecht und den Kündigungsverzicht evident sei.

Für Zwecke der Berechnung der Körperschaftsteuer wurde die Afa als verdeckte Ausschüttung dem Gewinn hinzugerechnet, wobei ein Abzug des Mietentgelts unterblieb. Für Zwecke der USt wurde der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten des OG zur Gänze versagt und für Zwecke der KESt die geschätzten Errichtungskosten für das OG inklusive Umsatzsteuer als den Gesellschaftern zugeflossen betrachtet und der Kapitalertragsteuer unterworfen.

2. Aufwendungen Privatsphäre Gesellschafter

Im Anlagenverzeichnis bzw. in der Buchhaltung wurden Aufwendungen für Fitnessgeräte, Einrichtungsgegenstände und Haushaltsgeräte ausgewiesen. Diese erachtete das Finanzamt als zwingend dem Privatvermögen der Gesellschafter zugehörig.

Zum Erwerb einer ***4***-Küche stellte das Finanzamt fest, dass der Kauf "offenbar aufgrund der inkorrekten Anschlussmöglichkeiten eine Fehlentscheidung der Gesellschafter darstellt " und daher nicht betrieblich veranlasst sei.

Die Gartengestaltung schließlich sei ebenfalls zwingend dem Privatvermögen der Gesellschafter zugehörig, da der Garten keine repräsentative Wirkung habe, zumal er von einer Mauer umgeben und daher nicht einsichtig sie (mit Abbildung). Kunden hätten keinen Zugang zu dem Garten.

Das Finanzamt rechnete die dafür gewinnmindernd geltend gemachte AfA dem Gewinn hinzu, versagte den Vorsteuerabzug für die als verdeckte Ausschüttung qualifizierten Anschaffungen und unterwarf die verdeckte Ausschüttung der Kapitalertragsteuer.

3. Verkäufe der Gesellschafterin an die Bf.

Die Gesellschafterin Frau ***2*** ***Name*** habe folgende Gegenstände zu überhöhten Verkaufspreisen, sohin zu fremdunüblichen Bedingungen, an die Bf. verkauft:


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PKW TC 350
2011
60.000
Einrichtung Schauraum
2012
18.000
gebrauchte Sofagarnitur
2013
2.500
gebrauchte Einrichtung
2014
50.246

Laut Tz 4 des AP-Berichtes wurden diese "gesellschaftsrechtlich veranlassten Verkäufe" der Gesellschafterin an die Bf. in ihrer Gesamtheit als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert. Die für die Gegenstände des Anlagevermögens gewinnmindernd geltend gemachte AfA wurde dem Gewinn hinzugerechnet und die verdeckte Ausschüttung in Höhe der Verkaufspreise der Kapitalertragsteuer unterworfen.

4. Aufwendungen Silvesterparty

Zu Silvester 2014/2015 sei in den Räumlichkeiten der Bf. in Ort von den beiden Gesellschaftern eine Silvesterfeier veranstaltet worden. Die daraus resultierenden Aufwendungen seien von der Bf. in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht worden.

Das Finanzamt kürzte die Betriebsausgaben um 50 % (nicht abzugsfähige Repräsentationsaufwendungen). Der daraus geltend gemachte Vorsteuerabzug wurde versagt.

5. Änderung der Abschreibungsdauer von diversen Maschinen

Im Rahmen der Außenprüfung wurde in der Tz 5 des BP-Berichtes festgestellt, dass in den jährlichen Anlageverzeichnissen bei diversen Maschinen eine kürzere Nutzungsdauer als marktüblich angesetzt wurde. Das Finanzamt nahm eine Änderung der Nutzungsdauer vor und kürzte bzw. erhöhte die AfA entsprechend.

6. Privataufwendungen Gesellschafter

Auf dem Konto 7670 "sonstiger Werbeaufwand" sei im Jahr 2011 der Kauf von 22 Philharmoniker-Münzen im Wert von 23.120,- Euro aufwandswirksam verbucht worden. Auf dem diesbezüglichen Bankbeleg sei "Vertriebspartner" angemerkt. Im Jahr 2012 sei der Kauf einer Perlenkette im Wert von 275 Euro + 55 Euro USt aufwandswirksam geltend gemacht worden.

Auch diese Aufwendungen wurden als verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter qualifiziert, dem Gewinn hinzugerechnet und der Kapitalertragsteuer unterworfen. Der Vorsteuerabzug wurde versagt.

Das Finanzamt nahm daraufhin die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2011 - 2016 und Umsatzsteuer 2012 - 2015 wieder auf (die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nicht strittig) und setzte in den Sachbescheiden betreffend Körperschaftsteuer 2011 - 2016 und Umsatzsteuer 2012 - 2015 die Steuern unter Ansatz der oben dargestellten Hinzurechnungen bzw. Kürzungen neu fest.

Die auf die verdeckten Ausschüttungen entfallende Kapitalertragsteuer machte das Finanzamt mit den Haftungsbescheiden jeweils vom unter Angabe der maßgeblichen Gesetzesstellen und Erläuterungen des geübten Ermessens geltend.

Begründend wird in den Bescheiden auf den Außenprüfungsbericht vom und die Niederschrift vom verwiesen.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100778.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at